Aktuelles von der Hunsrückbahn




Alles, was sich so in jüngster Vergangenheit ereignet hat oder sich ereignen wird

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Di 22. Sep 2020, 21:19

Bericht in der Rhein-Zeitung heute:

Kreistag will Klarheit bei Hunsrückquerbahn – Land soll Planfestellung zeitnah abschließen

Das Land soll bei der Reaktivierung der Hunsrückquerbahn für Klarheit sorgen und sich mit
dafür einsetzen, dass sowohl finanzielle Mittel des Bundes fließen als auch die Strecke in einen
adäquaten Zustand versetzt wird. Dies fordert der Kreistag des Rhein-Hunsrück-Kreises in einer
Resolution, die am Montag beschlossen wurde.

Die jüngste Kreistagssitzung war eine Zusammenkunft, die viele Überraschungen bot. Zum einen war
der Sitzungsort ein Novum, tagte das Gremium doch im gebührenden Corona-Abstand im Kulturhaus
Rheinböllen. Zum anderen gab es eine nahezu historische Allianz zu feiern: CDU, Grüne und SPD
setzten gleich mehrfach in der Sitzung zum Schulterschluss an. Doch abseits des politischen
Augenzwinkerns bezüglich gefühlter neuer Freundschaften im politischen Spektrum galt es, die
Weichen zu stellen für eine Frage, die hinsichtlich der Mobilität und Infrastruktur der Region Bedeutung
haben könnte. Der gemeinsame Antrag von CDU und Grünen, eine Resolution des Kreistags auf den
Weg zu bringen, war bereits im Kreisausschuss angebahnt worden (wir berichteten) und hat zum Ziel,
nach Jahren des Wartens etwas Belastbares zur Bahnreaktivierung zu hören.

Daniela Lukas-von Nievenheim stellte aus Sicht der Grünen den gemeinsamen Antrag der Fraktionen
vor und sprach vom Dreiklang „Klimawandel, Energiewende, Verkehrswende“. Die „abgekoppelte
Region“ solle wieder an das Eisenbahnnetz angeschlossen werden. Dies sei keine Eisenbahnromantik,
führte sie aus. Klar könne man sagen, dass die Leute auch mit dem Bus fahren könnten, davon gäbe
es durch den gestärkten ÖPNV im Rhein-Hunsrück-Kreis genug. Aber dies sei nun mal nicht das
geeignete Mittel für diejenigen, die nach Frankfurt oder Mainz fahren wollten. Zudem: „Für die
Menschen, die sich hier niederlassen wollen, ist eine zeitgemäße Infrastruktur unverzichtbar.“ Die
Eisenbahn sei Thema für alle Generationen von Einheimischen, aber besonders auch für Touristen und
auch eine Stadt wie Simmern. Letztere sei als Kreisstadt nur eine von 13 Städten bundesweit, die über
keinen Bahnanschluss verfügten, sagte Lukas-von Nievenheim. Sie nahm auch Landrat Marlon Bröhr
in die Pflicht, dass er sich mit seinen Landratskollegen für den Ausbau stark machen solle. „Wir sind
Energiekommune des Jahrzehnts, wir haben einen starken Beitrag zur Energiewende geleistet, warum
sollten wir nicht einen Beitrag zur Verkehrswende schaffen?“, fragte die Grünen-Politikerin in den Saal.
Ein verknüpftes Mobilitätsangebot müsse her, forderte sie und erinnerte daran, dass allein der Bund bis
zum Jahr 2030 insgesamt 86 Milliarden Euro in Bahn-Reaktivierungsprojekte investiere. Jetzt sei die
Zeit zu handeln, damit der Topf nicht am Kreis vorbeigeht. „Sonst fährt der Zug auch ohne Schienen an
uns vorbei.“

Seit Jahren im Koalitionsvertrag
Wolfgang Wagner untermauerte den Antrag seitens der CDU: „Die Reaktivierung steht schon seit mehr
als zehn Jahren im jetzt schon zweiten Koalitionsvertrag, er darf keine Beruhigungspille für die Grünen
sein.“ Mit Blick auf die erste Nachfrage zum Güterverkehr und dem seit Jahren laufenden
Planfeststellungsverfahren sagte er: „Es ist angerichtet.“ Jetzt seien alle notwendigen Faktoren
gegeben. Aber es passiere nichts, es fehle jede Vehemenz, das Projekt weiterzutreiben. „Das müssen
wir ändern“, forderte Wagner und warb dafür, Druck zu machen. Er hält die Bahn für sinnvoll und sieht aktuell zwei Hürden:
Die Kosten-Nutzen-Analyse für die Strecke und das Erörtern dieser Analyse in
Bund-Länder-Gesprächen, in denen es dann um die Umsetzung gehen muss.
Die Zeiten von 4 Millionen Passagieren am Hahn seien zwar Geschichte, erläuterte Wagner, aber dies
sei kein Grund, das Projekt einzustellen. „Zwischenzeitlich gibt es einen Stimmungswandel. Die
Reaktivierung von Bahnstrecken ist politisch plötzlich wieder überall gewollt“, sagte Wagner. „Wir
sollten da nicht hinten anstehen, insbesondere deshalb, weil wir schon eine Pole-Position haben, wir
sind kurz vor dem Ziel.“ Ihm geht es auch darum, Autos und Lastwagen von der Straße zu bekommen.
„Wir müssen diese Jahrhundertchance nutzen, wir reden über eine Entscheidung für Dekaden.
Geschenke, die wir bekommen, sollten wir annehmen.“ Aus diesem Grund plädierte Wagner dafür, „ein
mutiges und mächtiges Zeichen nach Mainz senden, dass wir diese Bahn wollen.“
Nur Wahlkampfklamauk?
Carina Konrad wirkte mit der FDP-Fraktion, die sich bei der Abstimmung geschlossen enthielt,
zurückhaltender: „Mobilität ist ein allübergreifendes Thema“, sagte sie. Der Zeitpunkt der
Antragstellung überrasche aber. Sie erinnerte an die Komplexität des Vorhabens, zu dem ein zweites
Gleis und die Elektrifizierung der Strecke nötig wären. „Uns kommt das doch ein bisschen als
Aktionismus vor“, sagte sie. Es gäbe auch Alternativen wie den Wasserstoffbus, der in Kürze kommen
würde. Vordinglichstes Ziel sei jetzt ein Mobilitätskonzept, ihr komme die Resolution ein wenig vor wie
„Wahlkampfklamauk“.
Sein persönliches Erstaunen nach diesen Aussagen formulierte anschließend Michael Maurer (SPD)
und zitierte aus dem geltenden Koalitionsvertrag der Landesregierung. Dann stellte Maurer fest: „Ich
kann für die SPD sagen, dass wir ohne Wenn und Aber zu diesem Koalitionsvertrag stehen.“ Bei dem
ein oder anderen Bürger müsse vor Ort zwar noch für die Bahn geworben werden, aber insgesamt
gäbe es schon ein Umdenken, in den Städten würden auch die Kosten fürs Parken enorm steigen. „In
einer Zeitspanne von vielleicht fünf oder zehn Jahren ist das Umdenken da“, mutmaßte Maurer. Wenn
der Bund 8,6 Milliarden pro Jahr bis zum Jahr 2030 ausgebe, dann müsse man zugreifen. „Die
Bahnanbindung im Rhein-Hunsrück-Kreis darf sich nicht nur auf das Mittelrheintal und Emmelshausen
beschränken“, sagte Maurer. Gerade hinsichtlich des Tourismus müssten die Vorzüge der Bahn
betrachtet werden. Die Bahnstrecke zwischen Rheinböllen und Kirchberg zum Radweg umzuwidmen,
wie es laut Maurer ein Mitglied aus den Reihen der SPD empfehlen würde, wäre rausgeworfenes Geld.
Ralf Schönborn erklärte für die AfD, dass eine Resolution gefasst werden könne, aber ideologische
Gründe der Grünen hier keine Rolle spielen dürften, sondern vielmehr müssten positive
volkswirtschaftliche Parameter vorliegen. Er wies auf mehr als 800 Einwendungen im laufenden
Verfahren hin, zudem sieht die AfD „erhebliche Risiken“ durch Baupreissteigerungen sowie abfallende
Passagierzahlen am Hahn und eine fehlende Akzeptanz durch die Öffentlichkeit. Schönborn sprach
sich für die Stärkung des Straßenverkehrs und einen Ausbau der bestehenden Trasse als
Radwanderweg aus – die AfD stellte am Ende drei Gegenstimmen, es gab neben der FDP eine
Enthaltung aus der SPD.
Klar für die Resolution zeigten sich die Freien Wähler, für die Stefan Wickert bündig erklärte, dass
hinsichtlich der Bahn eigentlich nicht die Kommunalpolitik, sondern das Land gefordert sei. „Wir
erwarten, dass die Politik zu Potte kommt“, sagte er klar. Es war ein Satz, für den sich Landrat Bröhr
ausdrücklich bedankte. Er bekräftigte, dass seit Jahren das maßgebliche Verfahren laufe und die
Reaktivierung der Strecke in den Koalitionsverträgen verankert sei.
Die ihm zuvor in der Sitzung nahegelegte Mitverantwortung in dieser Sache wies er zurück. Denn bei der Bahn sei das Land
gefragt.
Von unserem Chefreporter Volker Boch
Resolution des Kreistags umfasst sechs Punkte
Die Resolution des Kreistags umfasst diese sechs Punkte zur Reaktivierung der
Hunsrückquerbahn.
1 Der Kreistag des Rhein-Hunsrück-Kreises begrüßt die im Klimaschutzprogramm 2030 enthaltende
Entscheidung des Bundeskabinetts vom 20. September 2019 zur Erhöhung der Attraktivität des
Schienenpersonenverkehrs (SPNV), insbesondere die Investition von 86 Milliarden Euro bis 2030 in
die Erneuerung des Schienennetzes. Gleiches gilt für den sogen. „Schienenpakt“ vom 30. Juni 2020
und den Europäischen Klimapakt, welcher ebenfalls den Schienenverkehr bevorzugen will und am 5.
März 2020 das Jahr 2021 zum „Jahr der Schiene“ ausgerufen hat.
2 Der Kreistag wünscht sich, dass der Rhein-Hunsrück-Kreis von den Maßnahmen zur Erhöhung der
Leistungsfähigkeit der Schieneninfrastruktur aus Bundes-, Landes- und EU-Zuschüssen profitiert und
hieran wieder angebunden wird.
3 Der Kreistag fordert das Eisenbahnbundesamt und den Landesbetrieb Mobilität auf, das seit 2010
laufende Verfahren zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn (HQB) mit der Strecke Langenlonsheim–
Flughafen Hahn zu beschleunigen. Der Planfeststellungsbeschluss muss nun zeitnah fertiggestellt
werden.
4 Der Kreistag fordert die DB Netz AG auf, Finanzmittel für die Ertüchtigung und Inbetriebnahme der
HQB vorzusehen und verweist hierzu auf die möglichen Zuschüsse des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Stand: 18. März 2020) von bis zu 90 Prozent
Bundeszuschüsse, der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zum Nahverkehr zwischen
Bund und Deutscher Bahn und weiterer Fördertöpfe.
5 Der Kreistag bittet die Landesregierung um dringende Unterstützung für dieses Vorhaben, indem sie
sich auf Bundes- und Landesebene sowie beim Zweckverband SPNV Rheinland-Pfalz Nord einsetzt
und den Prozess aktiv begleitet.
6 Der Kreistag beauftragt den Landrat, sich mit den betroffenen Bürgermeistern entlang der Strecke
sowie mit den Landräten der Kreise Bad Kreuznach, Birken-feld, Bernkastel-Wittlich und Trier-Saarburg
für eine konzertierte Aktion zu Gunsten der Reaktivierung der HQB abzustimmen.

Kommentar:Volker Boch zur Resolution des Kreistages
Die Bahn passt ins Gesamtpaket

Rollen in zehn Jahren wieder regelmäßig Züge von Rhein und Nahe herauf in Richtung Hunsrück?
Steigen vielleicht Menschen in Simmern in einen Waggon, um zur Arbeit in Mainz zu pendeln? Bleiben
junge Erwachsene als Studenten im Hunsrück wohnen, da sie mit dem Zug zur Uni oder
Ausbildungsstätte in die Stadt fahren können? Auf diese Fragen zu antworten, ist in etwa so ähnlich,
wie die Bundesliga-Ergebnisse des kommenden Wochenendes vorauszusagen. Nur schwer möglich.
Denn wie so oft im Leben, wird es am Ende vom Geld abhängen, von einer sogenannten KostenNutzen-Analyse und der anschließenden Frage, ob es Sinn ergibt, viele Millionen Euro in die Netz- und
Betriebsinfrastruktur zu investieren.
Wer verfolgt, wie bundesweit finanzielle Mittel in erheblichem Ausmaß in einige Großprojekte und viele
kleine lokale, in der Summe aber ebenfalls beträchtliche Vorhaben gesteckt werden, merkt schnell,
dass es bei der Hunsrückquerbahn am Ende vielleicht doch nicht allein ums Geld gehen muss. Es geht
womöglich doch um eine simple Frage, die ein Stück weit sogar etwas mit „Bauchgefühl“ zu tun hat:
Braucht die Region die Bahn oder nicht? Wer konsequent all die Ansätze, die im jüngsten Kreistag
Thema waren, vom „Gelobten Land“ über die Ansiedlung junger Familien, Energiewende, Tourismus,
Mobilität der Zukunft bis hin zum Digitalpakt an den Schulen zu Ende denkt, der kann auf die Idee
kommen, dass es aufs Gesamtpaket ankommt. In das die Bahn durchaus passen würde.
Politik braucht Mut. Oft gibt es stattdessen aber Berater, Planer und Papiere, die Analysen erörtern, um
auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Diese Papiere ersetzen mitunter Mut, sind aber nur selten
mutig. Der seit Jahren schneckenartig schleichende Reaktivierungsprozess steht für einen eher
„unmutigen“ Akt. Insofern ist das Signal des Kreistags wichtig und richtig. Denn irgendwann muss auch
mal entschieden werden
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

von Anzeige » Di 22. Sep 2020, 21:19

Anzeige
 

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Di 13. Okt 2020, 10:09

Der Verbandsgemeinderat Kirchberg hat in seiner jüngsten Sitzung eine Resolution zur Reaktivierung der Hunsrückbahn auf den Weg gebracht.
Im Bereich der VG Kirchberg liegen sieben Haltestellen, in den drei Hauptorten Kirchberg, Sohren und Büchenbeuren -hier gab es früher besetzte Bahnhöfe- leben rund 8500 Menschen, die vorwiegend nach Simmern, aber auch in die Räume Bingen, Bad Kreuznach und Mainz orientiert sind, die Strecke also gerne nutzen würden.

Insgesamt leben im nahen Einzugsbereich des Streckenabschnittes rund um die VG Kirchberg etwa 25000 Bürger

Das Planfeststellungsverfahren zur Reaktivierung wurde 2014 angestoßen.

Im November 2019 gab das Eisenbahnbundesamt den Bearbeitungsstand bekannt:

Verfahrensstand PFA 1:
Für den Planfeststellungsabschnitt 1 (Verbandsgemeinde Langenlonsheim bis Simmern) wurden die Planfeststellungsunterlagen im November 2014 an die Anhörungsbehörde (Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz) zur Durchführung des Anhörungsverfahrens übersandt. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gingen 52 Stellungnahmen von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange und 785 Einwendungen Privater ein.
Der Erörterungstermin fand am 08.11.2016 statt. Das Anhörungsverfahren ist nicht abgeschlossen. Zum weiteren Zeitplan, insbesondere einer erneuten Offenlage von geänderten bzw. ergänzten Planunterlagen, ist die Anhörungsbehörde zu befragen.

Verfahrensstand PFA 2:
Für den Planfeststellungsabschnitt 2 (Verbandsgemeinde Kirchberg) gingen im Rahmen des Anhörungsverfahrens beim Landesbetrieb Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz 39 Stellungnahmen von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange und 62 Einwendungen Privater ein. Das Anhörungsverfahren ist abgeschlossen, der Abschlussbericht der Anhörungsbehörde liegt dem EBA vor. Die Vorhabenträgerin ist aufgefordert, Planunterlagen nachzureichen bzw. zu überarbeiten. Die planungsrechtliche Zulassungsentscheidung in Form eines Planfeststellungsbeschlusses kann erst nach Vorlage v.g. Unterlagen vom EBA
erarbeitet werden. Bis zum Eingang der eingeforderten Unterlagen ruht das Verfahren.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Mi 14. Okt 2020, 09:53

Heute steht folgender Bericht in der Rhein-Zeitung:

Hunsrückquerbahn: Warten auf die DB Netz – Rollt am 14. Dezember der erste Güterzug?

Die einen wollen sich an die Gleise ketten, die anderen Güter fahren, und die Dritten wollen nicht reden. Beim Thema Hunsrückbahn prallen Anliegerprotest, Geschäftsinteressen und Konzernstrategien aufeinander. Ein Ende der rhetorischen Eskalation? Ist nicht in Sicht. Und der Auftakt des Zugverkehrs? Auch nicht, wie Alexander Neubauer, Geschäftsführer der WRS Karlsruhe, am Dienstag auf Anfrage sagte: „Da ist noch gar nichts in trockenen Tüchern.“
Wenngleich: Um die Gütertransporte zu verhindern, brauche es eine Rechtsgrundlage: „Und die sehen wir nicht“, betont Neubauer. Am Abend habe er ein erstes virtuelles Gespräch mit der DB Netz, dem wohl weitere folgen sollen. Dann wisse man mehr.

Ansonsten bleibt's beim WRS-Zeitplan: In der Nacht auf Montag, 14. Dezember, könnte der erste leere Zug aus Richtung Mannheim zunächst bis Büchenbeuren (und eines Tages bis Morbach) fahren.
Ladung auf dem Rückweg: Holz. Weitere – täglich zwei Züge, in jede Richtung einer, Ruhezeit: 1.15 bis 3.40 Uhr – sollen montags bis samstags, also sechsmal die Woche, fahren. Interessenten habe man mehr als genug, so die WRS. Zwar hat Neubauer Verständnis für das ein oder andere Argument der Anlieger, schließlich wuchs er selbst an einer Güterverkehrsstrecke auf, an der in 14 Stunden täglich 200 Güterzüge vorbeirauschten.

Doch hätte er sich im laufenden Planfeststellungsverfahren für die Reaktivierung der Hunsrückbahn eines gewünscht: „Weniger Einsprüche und mehr Gesprächsbereitschaft, dann würden wir heute anders dastehen.“ Dass sich die Langenlonsheimer, wir
berichteten am Montag, als letztes medienwirksames Mittel an die Gleise der Hunsrückbahn ketten wollen, um die nächtliche Ruhestörung zu verhindern, sieht Alexander Neubauer wenig entspannt.
„Dabei handelt es sich um einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr, und das ist strafbar“, zitiert er Paragraf 315 des Strafgesetzbuchs. Beim Besuch im Hunsrück sei ihm vermittelt worden: „Wir werden alles unternehmen, dass die Züge nicht fahren.“ Nach heutigem Stand – Neubauer: „Das kann aber morgen schon alles anders sein. Es ist wie Rätselraten in der dunklen Wolke.“ – laufe jede Fahrt so ab wie bei der kürzlichen Erkundung: Ein Mitarbeiter sichere die Übergänge, die Autos und Fußgänger. Entweder fahre der „Sicherer“ in einer Lok oder parallel in einem Auto mit.

Mit „Bedauern“ melden die SPD Guldental und der VG Langenlonsheim-Stromberg und die Grünen des Guldenbachtals am Dienstag: „Kein Dialog ohne Partner – Absage des Bürgerdialogs zur Hunsrückbahn“. Es sei nicht gelungen, DB Netz AG und Eisenbahnbundesamt für ein Gespräch zu gewinnen. „Wir betonen, dass sich die WRS gerne als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt hat“, so SPD-VG-Vorsitzender Udo Wirth. „Ich war sehr optimistisch, dass wir einen Bürgerdialog mit allen Beteiligten hinbekommen“, zeigt sich Renate Bodtländer (SPD, Guldental) enttäuscht. „Gerade uns Guldentalern und den Gemeinden im unteren Teil der Strecke wäre ein transparentes Verfahren wichtig
gewesen.“

Tim Markovic (Grüne) schreibt ergänzend: „Wir sind uns alle einig, dass wir mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen müssen. Daher ist es wichtig, die Akzeptanz der Bürger durch transparente Planungen zu erreichen.“
Um die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn ging es auch in der jüngsten Sitzung des
Verbandsgemeinderats Kirchberg. „Wohin geht die Reise im Hunsrück?“, fragte Bürgermeister Harald Rosenbaum in der Aussprache und forderte seine Ratsmitglieder und die ganze Gesellschaft zum Umdenken in Sachen Mobilität im Hunsrück auf. Die Mobilität der Bevölkerung werde sich in den nächsten Jahrzehnten sowohl in den Ballungszentren als auch auf dem flachen Land völlig verändern, ist sich Rosenbaum sicher.
Mit großer Mehrheit verabschiedete der Rat eine Resolution zur Reaktivierung der Bahnstrecke.

Um alle Bürgerfragen an die Verantwortlichen verteilen zu können, habe man eine gemeinsame E-Mail-Adresse eingerichtet: fragen-zur-hunsrueckbahn@web.de


Und der Kommentar dazu von Thomas Torkler, Redaktionsleiter der Rhein-Zeitung in Simmern, Streckenanlieger in Kirchberg und dortselbst Sprachrohr und Freund des bekannten Bahngegners und Bahntrassenradwegfetischisten Dr. Hans Dunger:

Thomas Torkler zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn

Die schlafende Prinzessin kann noch schlummern

Es war einmal eine Eisenbahn. Ob die sich irgendwann mit einer Spindel gestochen hat, ist nicht überliefert. Tatsache ist jedoch, dass sie in einen tiefen Dornröschenschlaf fiel. Bis plötzlich die deutsche Abordnung eines Schweizer Prinzen die Lippen zum Wachküssen spitzte. Die WRS Widmer Rail will Güterverkehr auf der Hunsrückquerbahn abwickeln. Nachdem die Überprüfung ergeben hatte, dass es sich bei dem Prinzen nicht um verarmten Adel handelte, sondern ein seriöses Unternehmen am Werk war, wich die Ungläubigkeit aus so manchem Gesicht.
Und irgendwie verursachten die WRSPläne auch noch den Kollateralschaden, die guten alten und tief schlummernden Reaktivierungspläne für den Personenverkehr aus dem Dornröschenschlaf zu wecken – was selbst penetrante Wachküssversuche der Grünen bislang nicht schafften. WRS dagegen geht die Sache entschleunigt an. Notfalls werde man 10 km/h über die maroden Gleise tuckern, hieß es von der Bahngesellschaft.
Die ebenso maroden Bahnübergänge hat man ebenfalls auf dem Schirm. Dann fahren halt Mitarbeiter voraus mit dem Auto, sichern den Übergang – bis der Zug durch ist. Viel Aufwand für ein bisschen Holztransport? Unverhältnismäßig? Rentabel? Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass WRS mehr langfristig will. Dazu muss DB Netz die Strecke aber halbwegs betriebsbereit herstellen. Für viel Geld. Kommt das laufende Planfeststellungsverfahren aber endlich mal zum Ende, müsste dieses Geld vielleicht nicht mehr aus dem eigenen Säckel kommen. Doch bis der Dornröschen-Zug geküsst wird, kann die schlafende Schönheit erst mal weiter schlummern – bis 14. März, da ist Landtagswahl. Vorher küsst kein Frosch irgendwelche schlafenden Prinzessinnen.


Zuvor berichtete die Rhein-Zeitung aus Langenlonsheim:

Kein Witz, sondern bitterer Ernst: Langenlonsheimer lassen sich an Hunsrückbahn-Gleise festketten

Der Langenlonsheimer Ortsbürgermeister Bernhard Wolf (FL) und mehrere Gleichgesinnte angekettet an die Gleise der Hunsrückbahn? Das ist kein Witz, sondern bitterer Ernst, die Wolf in der Sitzung des Gemeinderates jetzt ankündigte. Grund ist der beabsichtigte Güterverkehr auf der Bahnlinie in der Verbandsgemeinde Langenlonsheim-Stromberg ab Dezember und die einhellig verabschiedete Resolution des Stadtrates Stromberg zwei Tage zuvor.

Wolf erinnerte daran, dass die Fahrten der Güterzüge laut Bahngesellschaft Widmer Rail Service Deutschland (WRS) morgens ab 3.30 Uhr von Langenlonsheim in Richtung Hunsrück geplant sind. Die mit 20 km/h Durchschnittstempo fahrenden Güterzüge hielten an jedem der 30 Bahnübergänge in der VG. Der Übergang werde von einem Zugbegleiter gesichert; dann gebe der Zug Signal und fahre bis zum nächsten Übergang weiter, wo sich dieses Schauspiel wiederhole.
„Dann ist es mit der Nachtruhe vorbei”, ist sich nicht nur Wolf sicher.

Die Interessen der Anlieger auf Schlaf und gesundheitliche Unversehrtheit würden durch die Betreiber und die Behörden mit Füßen getreten. „Es ist für uns völlig unverständlich wie im Jahr 2020 derart aus der Zeit gefallene Absichten ernsthaft umgesetzt werden sollen. Der Bahnbetrieb kann und darf so nicht laufen.“ Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, sagte Wolf: „Wir sind dem Wohlergehen unserer Bürger verpflichtet. Dafür werden wir uns auf unsere alten Tage notfalls auch an die Gleise ketten.”
Unterstützung erhielt er von VG-Bürgermeister Michael Cyfka (CDU), der Gespräche mit Staatssekretär Beck vom Mainzer Verkehrsministerium ankündigte. Zudem wird sich auch der VG-Rat mit dem Thema befassen.

Für die Grünen erklärte Karl-Wilhem Höffler: „Wir waren und sind immer noch für die Reaktivierung der Hunsrückbahn, was aber jetzt passiert, ist eine Zumutung für die Menschen der Region.“ Daher lehne man die Inbetriebnahme der Strecke in dieser Form ab. Die nächtliche Lärmbelästigung und Gefährdung an den vielen Übergängen seien die entscheidenden Punkte, ganz zu schweigen vom Hinund-Herfahren von Holz nach Italien und wieder zurück: „Wir stimmen der Resolution zu, weil sie die Anliegen der Bevölkerung entlang der Strecke aufgreift.“ Höffler beantragte, die Resolution um Forderungen zu ergänzen und sie allen am Güterverkehr auf der Bahnstrecke Beteiligten zu senden:

- dem Eisenbahnbundesamt, der Planfeststellung nicht weiter so zögerlich zu betreiben. Die Bürger brauchten Klärung.

- Die DB Netz solle die Sicherungsanlagen nicht im verrotteten Zustand lassen. Nichts sei in die Strecke investiert worden. Die Sicherungsanlagen seien zu erneuern und weitere zu bauen.

- An die Fertighausfirma im Hunsrück, dass es ökologischer sei, das Holz im Hunsrück sägen zu lassen statt in Mailand.

- An die Firma, die fahren will. Sie soll nur tagsüber fahren und bis das Fenster für den Zug nach Mailand offen ist, den jeweiligen Zug in Bingerbrück parken.

- An die Landesregierung, die Gemeinden kurzfristig beim Lärmschutz zu unterstützen und Bettina Dickes, die Gemeinden zu unterstützen.

Die Resolution sei mit der VG und den Dörfern ausgearbeitet, so Wolf, der bekräftigte: „Wir müssen alles Erdenkliche tun, um diese irrsinnigen Fahrten zu verhindern, notfalls mit einem Rechtsbeistand.”
Marianne Müller (SPD) meinte, dass die Bahn ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und die Signalanlagen in Ordnung bringen müsse.


Die Rhein-Zeitung hat nun noch einen ergänzenden Bericht zur VG-Ratssitzung Kirchberg "nachgeschoben":

VG-Rat Kirchberg macht sich für die Bahn stark – Umdenken bei Mobilität gefordert

Um weit mehr, als „nur“ über die seit Jahren diskutierte Wiederbelebung der Hunsrückquerbahn von Langenlonsheim über Simmern und Kirchberg ging es bei der
Verabschiedung einer Resolution zur Reaktivierung dieser Bahntrasse im Kirchberger Verbandsgemeinderat. Es war auch eine Diskussion um die Zukunft des öffentlichen und individuellen Verkehrs im ländlichen Raum.

Wie schon zuvor im Kreistag, verabschiedete auch der Kirchberger VG-Rat mit großer Mehrheit den von den Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Resolutionsentwurf. Darin begrüßt der Rat, die im Klimaschutzprogramm 2030 enthaltene Entscheidung des Bundeskabinetts zur Erhöhung der Attraktivität des Schienenpersonennahverkehrs, mit Investitionen von 86 Milliarden Euro bis 2030 in die Erneuerung des Schienennetzes.

Gleiches gelte auch für das sogenannte Schienenpaket und den Europäischen Klimapakt, der ebenfalls den Schienenverkehr bevorzugen will.
Der VG-Rat wünscht sich, dass die Verbandsgemeinde (VG) Kirchberg von den Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schieneninfrastruktur aus Bundes-, Landes- und EU-Zuschüssen profitiert, indem die vorhandene Bahnstrecke der Hunsrückquerbahn komplett erneuert und die gesamte Region an ein leistungsfähiges und modernes Schienennetz angebunden wird.
Weiter fordert der VG-Rat das Eisenbahnbundesamt und den Landesbetrieb Mobilität auf, das seit 2010 laufende Verfahren zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn von Langenlonsheim zum Flughafen Hahn zu beschleunigen. Dieser Planungsfeststellungsbeschluss müsse endlich zum Abschluss gebracht werden.

Geld für Ertüchtigung bereitstellen
An die DB-Netz AG geht die Aufforderung, Finanzmittel für die Erneuerung und Ertüchtigung sowie die Inbetriebnahme der Hunsrückquerbahn vorzusehen. Die Resolution verweist auf die Zuschüsse des Gemeindefinanzierungsgesetzes von bis zu 90 Prozent zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn sowie aus weiteren Fördertöpfen. Die Landesregierung in Mainz wird dringend um Unterstützung für dieses Vorhaben auf allen Ebenen aufgefordert.

Eine Betriebsweiterführung auf der vorhandenen, nicht erneuerten Trasse sei in keiner Weise sinnvoll, vielmehr müsste im Sinne einer Partizipation an der ökologischen Verkehrswende auch die Region Hunsrück an ein neues und modernes Schienennetz Anschluss finden. Der VG-Rat beauftragte Bürgermeister Harald Rosenbaum, Landrat Marlon Bröhr und alle betroffenen Gebietskörperschaften entlang der Strecke, sich für eine konzertierte Aktion zu Gunsten des Neubaus der Hunsrückquerbahn abzustimmen.

„Wohin geht die Reise im Hunsrück?“ – die Frage stellte Bürgermeister Harald Rosenbaum in der Aussprache und forderte seine Ratsmitglieder und die ganze Gesellschaft zum Umdenken in Sachen Mobilität im Hunsrück auf. Die Mobilität der Bevölkerung werde sich in den nächsten Jahrzehnten sowohl in den Ballungszentren als auch auf dem flachen Land völlig verändern, ist sich Rosenbaum sicher.

Das flache Land nicht abhängen
Der Individualverkehr und das Auto werden ihren Stellenwert verlieren, der Verbrennungsmotor dem Elektroantrieb weichen. Das autonome Fahren würde schon in wenigen Jahren an der Tagesordnung sein, die Autos aus den großen Städten werden verbannt, lautet Rosenbaums Prognose. Bei dieser Entwicklung dürfe das flache Land nicht abgehängt werden. Dies sei aber nur mit einem funktionierenden, öffentlichen Nahverkehr mit einer Kombination von Bus und Bahn möglich.
Auch die Wirtschaft müsse wissen, wie es mit der Hunsrückbahn weitergehe. Endlich müsse auch die seit zehn Jahren dauernde Hängepartie beim Planfeststellungsverfahren zum Abschluss gebracht werden, forderte der Verwaltungschef.

Sprecher von CDU, SPD und Grünen begrüßten die schon im Vorfeld intensiv diskutierte
Bahnresolution. Die FDP war mehrheitlich dagegen. Mit fünf Gegenstimmen, unter anderem auch von Altbürgermeister Hans Dunger (FWG), sowie einer Enthaltung wurde die Resolution verabschiedet.
Von unserem Reporter Werner Dupuis


Einige persönliche Anmerkungen

In den Köpfen der Hunsrücker Politiker scheint sich in puncto Bahn etwas zu tun.
Noch vor 10 Jahren war man als Hobbyeisenbahner und Phantast abgetan, brachte man nur eine Schienen-(Wieder-)Anbindung als zukunftsweisende Option, den Hunsrück an die prosperierenden Regionen an Rhein, Main und Nahe anzubinden, ins Gespräch.
Nun sieht man die Bahn als unverzichtbare Möglichkeit zur mobilen Teilhabe im 21.Jahrhundert an.
Das hätte ich so nicht erwartet.
Natürlich kommen nun wieder die Berufsnörgler, exhibitionistischen Bedenkenträger und Beschützer ihrer Privatinteressen aus den Löchern hervor, vielleicht springt ja noch eine Publicity für ansonsten farblose Gestalten oder eine Dreifachverglasung des Eigenheims auf Steuerzahlerkosten heraus oder ein Sprecherposten in einer BI als Bühne für den weitgehend Unbekannten und beruflich Unkreativen.

Sei's drum.
Dabei ziehen WRS und kommunale Parlamente an einem Strang ohne es vielleicht so zu sehen.
Die Politik verlangt zu recht einen modernen SPNV für einen aufstrebenden Landstrich, die WRS zwingt den schwerfälligen, trägen und lange Jahre untätigen DB-Apparat als EIU zum unverzüglichen Handeln, indem frech Trassen bestellt werden.

Ich kenne viele Eisenbahner, auch in höheren Positionen, ob Hunsrück, Eifel oder Westerwald, denen blutet das Herz ob der von oben verordneten Teilnahmslosigkeit in Sachen Infrastruktur. Daß sie von Vorgesetzten schikaniert werden, die nicht einmal mehr wissen, wo in ihrem Zuständigkeitsbereich überhaupt Schienen liegen, ist ein Skandal.

Jetzt sollten alle Menschen guten Willens in Sachen Schiene auf dem Land die Ärmel hochkrempeln und wirklich was bewegen, dann erleben wir auf dem Hunsrück in absehbarer Zeit auch wieder regelmäßigen Bahnverkehr.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Mo 19. Okt 2020, 23:31

Jetzt meldet sich mal wieder einer zu Wort, der noch nie aus einem Euro zwei gemacht hat und der immer nur durch Labern und Lavieren an der Arbeit anderer partizipiert hat: Joe Weingarten, der typische Berufspolitiker, der diese Profession ergriffen hat, weil er zu nichts anderem taugt.

Er schleicht an Bahnübergängen herum und sieht dem Gras beim Wachsen zu.

Gott sei unserer Seele gnädig!

Aus der Rhein-Zeitung vom 19.10.2020

Bundestagsabgeordneter Joe Weingarten an Hunsrückquerbahn-Übergängen unterwegs: Güterverkehr ja, aber nicht nachts um 3.30 Uhr

Das Streitthema Hunsrückquerbahn schlägt weiter hohe Wellen: „Andere Fahrtzeiten notwendig!“ So fasst Bundestagsabgeordneter Joe Weingarten (SPD) ein kürzliches Treffen mit Ortsbürgermeister Bernhard Wolf an den innerörtlichen Bahnübergängen Langenlonsheims zusammen.


„Ich verstehe den erheblichen Unmut, der entstanden ist, weil ab Mitte Dezember auf der Hunsrückbahn, beginnend in Langenlonsheim, ab morgens 3.30 Uhr Güterzüge fahren sollen, die vor jedem Übergang aus Sicherheitsgründen Warnsignale abgeben“, schreibt Weingarten in einer Pressemitteilung und betont darin: „Ich halte das für ein undurchführbares Konzept.“
In Langenlonsheim, so Weingarten weiter, gebe es drei ungesicherte und einen beschrankten Bahnübergang auf rund einem Kilometer Fahrtstrecke, zwei davon in unmittelbarer Nähe eines Seniorenheimes. Die Lärmbelästigung in den Nachtstunden sei unzumutbar für die Anlieger, auch für Anwohner die aus anderen Anliegergemeinden vor allem im Guldenbachtal. „Insofern schließe ich mich der vom Verbandsgemeinderat Langenlonsheim-Stromberg gefassten Resolution gegen den geplanten Güterverkehr an. Klar ist: Güterzüge dürfen und sollen auf dieser Strecke grundsätzlich fahren.

Aber nicht um 3.30 Uhr in der Nacht unter den genannten Bedingungen. Da muss sich das Transportunternehmen WRS eine andere Lösung einfallen lassen“, findet der Abgeordnete. In der öffentlichen Diskussion sei es notwendig, dieses Thema von der generellen Frage der Wiederertüchtigung und Modernisierung der Hunsrückbahn-Strecke zu trennen. Hier setze er sich dafür ein, dass für alle Beteiligten transparent werde, wie der aktuelle Stand des Planfeststellungsverfahrens ist und was die Ziele und Auswirkungen der Reaktivierung seien.

„Für mich gilt: Eine verstärkte Nutzung der Hunsrückbahn für den Güter- und Personentransport ist eine verkehrs- und klimapolitische Chance, die wir nutzen sollten. Aber das darf nicht zu Lasten der Anwohner gehen. Sicherheit und Lärmschutz für sie müssen durch verkehrslenkende und bauliche Maßnahmen gewahrt werden“. endet die Pressemitteilung des Bundestagsabgeordneten. mz

Wolfgang Müller (Simmern) von der Initiative ProHunsrückQuerbahn: „Frühe Fahrtzeiten liegen an der vernachlässigten Streckensicherung“
Unser Leser Wolfgang Müller (Simmern) von der Initiative ProHunsrückQuerbahn schreibt zum geplanten Güterverkehr auf der Strecke unter anderem:
„Der Fahrtzeitbeginn von Widmer Rail (WRS) um 3.30 Uhr ab Langenlonsheim liegt nicht an der WRS, sondern an der durch DB Netz vernachlässigten Streckensicherung. Der Streckenzustand würde bis 50 km/h zulassen, und wenn die Schranken und Lichtzeichen usw. noch vorhanden wären, würden auch kaum Lok-Signale zu geben sein. Das hieße, WRS könnte zu verträglichen Zeiten in ein bis zwei Stunden auf den Hunsrück kommen und wieder abfahren. Die jetzt 10 bis 20 Km/h führt zu einer Fahrtdauer bis Büchenbeuren (Streckenkilometer 60) von 5 bis 6 Stunden einfach.
Wenn man Ladezeiten einrechnet, sind wir schnell bei 15 bis 17 Stunden hin und zurück. An den Verladestellen wird zu ,vernünftigen' Uhrzeiten gearbeitet, weil der Zug, etwa in Simmern (Streckenkilometer 42), gegen 7.30 oder später ankommen und gegen 14 oder 15 Uhr zurückfahren würde.
Dies hat WRS alles offen kommuniziert. Wenn man jetzt WRS als ,Buhmann' darstellt, erscheint dies extrem verkürzt. Da sollte man mal die Landespolitik, das Eisenbahnbundesamt usw. in die Verantwortung nehmen.

Natürlich ist es für alle Seiten unerträglich, wie lange sich das Planfeststellungsverfahren hinzieht. Wäre dies abgeschlossen und die Strecke erneuert, hätten wir die Diskussion nicht. Aber hier müssen sich die Landespolitik und auch die Bedenkenträger an die eigene
Nase fassen. Mit einer Neubaustrecke wären Lärmbelästigung und Sicherheitsgefahren minimiert.

Was wäre aber die Alternative? Die Hunsrückquerbahn ist ein wichtiger Beitrag gegen den Klimawandel und gegen den Verkehrsinfarkt im Hunsrück, spätestens wenn die B 50 vollständig vierspurig ist.
Und der Hinweis auf die ,alte' Technik: Ja, die verwendete Diesellok ist 40 Jahre alt. In dieser Zeit wären acht Lkw (fünf Jahre Nutzungsdauer) verschrottet worden und bei der Menge des Zugersatzes wären das sogar 400 Lkw. Also was ist nachhaltiger und mweltschonender?
Natürlich ist es nicht schön, dass auf einmal Lärm durch Züge aufkommt, aber man wohnt an einer nicht stillgelegten Bahnstrecke! Das soll überraschend sein? Wer auf die Versicherungen der lokalen Politik vertraut hat, der muss hier ansetzen und nicht beim Bahnunternehmen. Das läuft eher hinaus auf: Klar, ich bin für Umweltschutz, aber doch bitte nicht bei mir ... Und zum ,Anketten'an die Gleise würde ich mal in
Paragraf 315 des Strafgesetzbuchs schauen (,Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr'). Zwischen Geldbuße und zehn Jahren Freiheitsstrafe ist da alles drin. Dass hier die gewählten Politiker sich über Gesetze hinwegsetzen, die sonst so auf die Einhaltung der gleichen bestehen, erschreckt sehr“, so Müller. mz
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Mi 21. Okt 2020, 16:03

Hut ab vor der Firma WRS, jetzt mal gegen diese Polit-Publicityjunkies, die außer einer großen Klappe zu haben ohne jegliche, vor allem rechtliche Handhabe sind, vorzugehen.

Bericht in der Rhein-Zeitung heute:

An Gleise ketten? WRS sieht in Ankündigung des Langenlonsheimer Ortsbürgermeisters einen Aufruf zur Straftat
Sich an die Gleise ketten, um nächtliche Güterzüge auf der Hunsrückquerbahn zu stoppen?
Was der Langenlonsheimer Ortsbürgermeister Bernhard Wolf (Freie Liste) in einer Gemeinderatssitzung mit Blick zu Ratsfrau Marianne Müller (SPD) ironisch angekündigt hatte, löst ein juristisches Nachspiel aus.

So hat die Schweizer Widmer Rail Services (WRS, Karlsruhe) die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach eingeschaltet. Sich an den Gleisen anzuketten, sei ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr, hatte WRS-Geschäftsführer Alexander Neubauer im Gespräch mit dem „Oeffentlichen“ am 13. Oktober festgestellt und Wolfs Ankündigung gar als einen Appell, eine Straftat nach Paragraf 315 StGB zu begehen, gewertet.

Bereits tags zuvor hatte die WRS daher Anzeige erstattet. Leitender Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler bestätigt den Eingang der Anzeige gegen Wolf. Man habe die Ermittlungen aber noch nicht aufgenommen und prüfe, ob man weitergehend ermitteln werde.

Ortsbürgermeister Bernhard Wolf nimmt die Anzeige gelassen. Er will nicht mit den Ketten rasseln und betont: „Ich bin Lichtjahre davon entfernt, Hunderte von Bürgern zu kriminellen Handlungen zu bewegen.“ Eines bleibe jedoch: die Ernsthaftigkeit der Argumentation, so Wolf zum Langenlonsheimer Protest gegen die ab 14. Dezember geplanten nächtlichen Güterzüge. In Langenlonsheim gibt es vier Bahnübergänge, einer direkt vor einem Seniorenheim. Wenn er sich nicht gegen eine solche nächtliche Lärmbelastung zur Wehr setzen würde, um seine Bürger zu schützen, „hätten die Langenlonsheimer den falschen Ortsbürgermeister gewählt“.
Eine ganz andere, grundsätzliche Frage sei, ob man die Strecke wieder in Betrieb nehmen solle,differenziert Wolf. mz


Übrigens erwähnte Ratsfrau Marianne Müller ist mit einem pensionierten Bundespolizisten verheiratet, der sein Handwerk noch bei der Bundesbahn gelernt hat...
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Rolf » Do 22. Okt 2020, 09:52

In der Tat mutig und richtig von WRS. Man kann nur hoffen, dass die Judikative der übermütigen Spitze der lokalen Exekutive einen deutlichen Schuss vor den Bug setzt!
Rolf
(Lok-)Betriebsinspektor A9
 
Beiträge: 242
Registriert: Mi 5. Aug 2020, 20:08

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Dieselpower » Do 22. Okt 2020, 21:25

Man beachte auch den letzten - typisch deutschen - Satz, der die gesamte Wiedereröffnung in Frage stellt.

Verkehrswende und Umweltschutz - alles nur Blabla, wie wir es hier immer wieder aufs neue konstatieren müssen.

Oder aber - wie im Rheintal: Nerobefehl oder Sankt-Florian-Prinzip...
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Albert Einstein
"Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich...!"
Konrad Adenauer
Benutzeravatar
Dieselpower
Oberster Betriebsleiter OBL
Oberster Betriebsleiter OBL
 
Beiträge: 958
Registriert: So 24. Mär 2019, 12:34
Wohnort: Höchstenbach

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Mi 4. Nov 2020, 21:22

Das kennt man ja... Plagiate.

Die Politik hat von uns abgeschrieben.

Bericht aus der Rhein-Zeitung heute.

Gemeinsames Schreiben an Landesregierung: Landräte fordern die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn

Die Hunsrückquerbahn soll reaktiviert werden – so schnell und politisch so schnörkellos, wie es nur geht. Dies ist der kurz zusammengefasste Tenor eines gemeinsamen Schreibens, das fünf Landräte gemeinsam an die rheinland-pfälzische Landesregierung gerichtet haben.

Am Montagnachmittag erhielten die Mitglieder des Kreistags Rhein-Hunsrück ein Schreiben, das inmitten der Dauerdiskussion um Taskforce, Corona-Infektionszahlen und Lockdown plötzlich ein unerwartetes Thema platzierte. Die Kreisverwaltung verschickte ein Schreiben, das Landrat Marlon Bröhr am vergangenen Freitag an den rheinland-pfälzischen Verkehrsminister, Volker Wissing, abgesandt hat.

Allerdings, und dies ist das Besondere an dem Schreiben, nicht allein von Landrat Bröhr unterzeichnet, sondern von vier weiteren Landräten.

Quintett richtet sich an Wissing
Die „Regierungschefs“ der Landkreise Bad Kreuznach, Bernkastel-Wittlich, Birkenfeld, Rhein-Hunsrück und Trier-Saarburg richten sich in dem Schreiben gemeinsam an Wissing. Auch wenn es angesichts des gleichen Parteibuchs des Quintetts grundsätzlich zu keiner politischen Unstimmigkeit kommen dürfte, gibt es beim Thema ihres Schreibens durchaus kontroverse Meinungen im Hoheitsgebiet der Landräte.

Denn das gemeinsame Thema der Landräte Bröhr, Bettina Dickes (Bad Kreuznach), Gregor Eibes (Bernkastel-Wittlich), Günther Schartz (Trier-Saarburg) und Matthias Schneider (Birkenfeld) ist die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn. Über diese angedachte Wiederbelebung der alten Bahntrasse wird gerade im Kreis Bad Kreuznach sowie auch im Raum Birkenfeld nicht nur positiv gesprochen.
Die Landräte bitten den Verkehrsminister um ein gemeinschaftliches Gespräch. Inhalt: die Erörterung der „notwendigen Schritte zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn“. Weiter heißt es: „Dieser Bitte liegt die Auffassung zugrunde, dass die Bürger des Hunsrücks einen Anspruch auf gleichwertige Lebensbedingungen haben. Dazu gehört nach unserer Überzeugung eine moderne Verkehrsanbindung, die zwingend eine leistungsfähige Schienenanbindung beinhaltet, die es aber zurzeit noch nicht gibt.“
Die Zielsetzung des Schreibens ist klar, das angefragte Gespräch soll der Konkretisierung dienen, denn die Sachlage ist seit Jahren unverändert. Es gibt eben nach wie vor die politische Aussage, dass die Bahn kommen soll, das seit Jahren laufende Planfeststellungsverfahren untermauert dies.

Allerdings zieht sich das Verfahren weiter dahin, ein Ende ist derzeit aus Perspektive der Landräte zu unkonkret in Sicht. „Die Unterzeichner fordern deshalb die Landesregierung dazu auf, alle erforderlichen Schritte zu veranlassen, um eine schnellstmögliche Reaktivierung der Hunsrückquerbahn auf der vollständigen Strecke von Langenlonsheim-Simmern-Morbach-Hermeskeil für einen wettbewerbsfähigen, bürgerfreundlichen und schienengebundenen Öffentlichen Personennahverkehr zu ermöglichen.

Zu diesem Zweck sind nach unserer Meinung das in zwei Abschnitte unterteilte Planfeststellungsverfahren im Abschnitt Langenlonsheim bis zum Flughafen Hahn zeitnah fertigzustellen sowie alle weiteren Maßnahmen zu ergreifen, die eine zügige Reaktivierung auf der ganzen Strecke ermöglichen.“
Dies verdeutlicht, dass die Landräte mehr wollen, als nur sanft Signale auszusenden, wie es der Kreistag Rhein-Hunsrück zuletzt mit einer einstimmig gefassten Resolution getan hat. Das Schreiben macht deutlich: Es muss zeitnah eine klare Aussage geben.

Weiter schreiben die Landräte an den Verkehrsminister: „Die geforderten Maßnahmen stehen im Einklang mit den von der Landesregierung im Entwurf des neuen Nahverkehrsgesetzes definierten Zielen zur Schaffung zusätzlicher Mobilitätsangebote über alle Verkehrsträger hinweg und würden darüber hinaus einen wichtigen infrastrukturellen Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raums sowie zum Klimaschutz leisten. Die Landkreise haben in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen vorgenommen, um in Anlehnung an das ÖPNV-Konzept Nord den straßengebundenen ÖPNV massiv
auszubauen.“

Vor dem Hintergrund der rund 100 Millionen Euro, die innerhalb von zehn Jahren in den Busverkehr allein im Rhein-Hunsrück-Kreis investiert werden, könnte die Bahn das Paket eines ausgebauten ÖPNV abrunden. „Ein Personennahverkehr auf der Schienenstrecke von Langenlonsheim bis Hermeskeil würde diese Angebote unterstützen und stärken“, heißt es im Schreiben. „Auch für die vielen Pendler in den Rhein-Main-Raum wäre eine attraktive Anbindung nach Bingen und Mainz von hoher Bedeutung.“

Milliarden des Bundes nutzen
Das Schreiben an Wissing schließt mit einem Hinweis auf die bereits vor geraumer Zeit unter anderem vom Bundestagsabgeordneten Peter Bleser andiskutierten massiven Investitionsmaßnahmen des Bundes, von denen man im ländlichen Raum an dieser Stelle profitieren könnte. „Das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DB vereinbarte 86 Milliarden Euro schwere Modernisierungsprogramm „#StarkeSchiene“ kann gegebenenfalls bei der Finanzierung einen gewichtigen Beitrag leisten“, schreiben die Landräte.

Landrat Marlon Bröhr unterzeichnet das sachliche Schreiben, das mit der Bitte um einen Termin zu einer „gemeinschaftlichen“ Besprechung endet, an erster Stelle. Vor dem Hintergrund des massiven Streits um die Mittelrheinbrücke zwischen Bröhr und Wissing deutet auch dies auf einen versöhnlichen Ton im Austausch hin.


Anmerkung
Neu ist bei diesem politischen Appell, daß die Gesamtstrecke in den Fokus genommen wird, nachdem zuvor immer nur entweder bis Simmern, dann Kirchberg, dann Büchenbeuren, dann Morbach reaktiviert werden sollte.

Es war eine unbeirrt in unserem Forum so vertretene Forderung, die Chance dieser grandiosen Strecke in ihrer Gesamtheit zu nutzen.
Da jetzt ohnehin das Fördermittel-Füllhorn ausgeschüttet wird, ist es nur legitim, daß jetzt auch mal der Hunsrück in puncto Schiene dran ist, nachdem die oben erwähnten 100 Millionen für den Bus-Nahverkehr weitgehend sinnlos verpulvert wurden und weitgehend Geisterbusse herumfahren.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Mi 11. Nov 2020, 11:45

Aktuell berichtet und kommentiert die Rhein-Zeitung das politische Geschehen rund um die Hunsrückquerbahn.

Der Kommentator ist -das sollte man nochmals erwähnen- Intimus und Sprachrohr des Bahngegners Hans Dunger aus Kirchberg, der einen Radweg auf der Strecke vorantreiben möchte und der auch selbst aus Prinzip kein Auto fährt.

VG-Rat Langenlonsheim-Stromberg gegen Zuglärm – Staatsanwalt ermittelt nicht gegen Ortschef
Für reichlich Diskussionsbeiträge im Verbandsgemeinderat hat die Resolution gegen den beabsichtigten Güterverkehr auf der Strecke der Hunsrückquerbahn innerhalb der VG Langenlonsheim-Stromberg gesorgt. Während Matthias Schütte (SPD), der nicht nur an der Formulierung einiges auszusetzen hatte, eine Fülle von Dingen ansprach, grundsätzlich aber die Verlegung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene als wichtig ansah, sprach sich Peter Schmitt (CDU) gegen lärmenden Güterverkehr für die Anwohner aus.

Marlene Hölz (FDP) forderte: „Die Nachtruhe muss gewahrt bleiben.” Kurt Römer (Grüne) hatte fünf Erweiterungen beantragt, die in den Resolutionstext eingearbeitet werden. Unter anderem geht es um die Instandsetzung der Übergänge und Signalanlagen eine Überprüfung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke und einen Bürgerdialog. Bürgermeister Michael Cyfka, der in dieser Angelegenheit mit dem Mainzer Verkehrsministerium in Kontakt steht, regte an, sich auf die Dinge zu beschränken, so wie die Resolution zuvor auch vom Stadtrat Stromberg und dem Gemeinderat Langenlonsheim verabschiedet wurde.
„Schließlich geht es nicht um die Infrastruktur der Hunsrückquerbahn, sondern um die Strecke mit ihren vielen Bahnübergängen und den damit verbundenen Stopps, die den Lärm auslösen”, so Cyfka. Er verwies auch darauf, dass die Fahrten rechtlich nicht zu verhindern sind. „Dennoch können wir politisch Druck auf die Bahn und die Betreiber ausüben!”
Bernhard Wolf von der Freien Liste Langenlonsheim-Stromberg warnte davor, die Resolution zu zerpflücken. Es gehe lediglich darum, die nächtlichen Holztransporte und den einhergehenden Lärm zu verhindern, nicht um die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn.
Die Erste Beigeordnete Elke Stern (CDU) bekräftigte, dass es in allen bisher geführten Gesprächen immer um den Schutz der Nachtruhe ging. Letztlich wurde die Resolution einstimmig verabschiedet. „Das ist die wahre Pracht”, befand Bürgermeister Cyfka.
Von unserem Reporter Dieter Ackermann

Kreuznacher CDU will Aufklärung – FDP mit Ratio
Kreis Bad Kreuznach. Die Diskussionen und Ereignisse rund um das Thema der Reaktivierung
der Hunsrückquerbahn lassen die politische Landschaft in der Region nicht zur Ruhe kommen.
Zu Wort meldet sich beispielsweise die FDP im Kreis Bad Kreuznach durch deren Vorsitzenden Thomas Bursian: „Mit überwältigender Mehrheit, aber mit begründeten Gegenstimmen der FDP, wurde eine Resolution der Grünen zur Reaktivierung der Hunsrückbahn verabschiedet – mit gut gemeinten Argumenten der Fans der Hunsrückbahn, sei es zum Nutzen der Entwicklung des ländlichen Raumes, mit vermeintlichen ökologischen Vorteilen und bemühten Kostenargumenten. Letztere mit dem Hinweis, dass die Infrastruktur schon vorhanden sei.“
Die Argumentation der FDP hingegen sei von weniger Emotionen, dafür mehr Ratio geprägt, sagen die Liberalen. Ganz klar sei es eine alte Forderung der FDP, gleichwertige Lebensverhältnisse von Stadt und Land zu schaffen. Dazu gehöre zwingend auch ein besserer und funktionierender ÖPNV, damit Bürger auch ohne Auto zur Arbeit oder zum Arzt kommen.
„Selbstverständlich auch dort auf Schienen, wo es Sinn macht. Macht eine Hunsrückbahn Sinn?“, schreibt Bursian weiter. In den frühen 2000er-Jahren habe noch der damalige Verkehrsmister Hendrik Hering (SPD) gejubelt, dass der Zug 2014 auf Gleise komme – zu einem Zeitpunkt, „als der Hahn noch abhob“. Schon sei die Diskussion gewesen, ob es eine Bummelbahn würde, mit unzähligen Stopps, oder ein schneller Zubringer zum Hahn an den Dörfern vorbei. Die FDP fragt kritisch: „Ob die früheren Schätzungen mit mehr als 100 Millionen Euro noch heute eine seriöse Berechnungsbasis sind? Lernt
man von Berlin?“ Wenn die Infrastruktur vorhanden sei, wie die Grünen sagten, frage man sich: Warum müsse dann die WRS mit ihren skandalösen und nicht tolerierbaren Fahrten hupen wie im Wilden Westen? Und wo seien die validen Befragungen der Bevölkerung zum Meinungs- und Stimmungsbild?
Die FDP empfiehlt: „Erst Grübeln, dann Dübeln, sonst ist man mit einer gut gemeinten Idee weiter auf dem Holzweg.“

„Etwas überrascht haben die Mitglieder der Kreuznacher CDU-Kreistagsfraktion den Vorstoß der fünf Landräte aus den Landkreisen Rhein-Hunsrück, Bad Kreuznach, Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg und Birkenfeld zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn zur Kenntnis genommen“, heißt es aus den Reihen der Christdemokraten um Markus Lüttger: „Sowohl die CDU-Fraktion als auch der Kreistag Bad Kreuznach haben sich bisher noch nicht eindeutig zu dem Projekt geäußert. Auch sieht die Fraktion noch einen erheblichen Aufklärungsbedarf.“ In der jüngsten Sitzung des Kreistags Bad Kreuznach sei
lediglich einer Resolution zugestimmt worden mit dem Tenor, dass sich die Landräte mit den betroffenen Bürgermeistern abstimmen sollen. Über die Auswirkungen auf und in den betroffenen Ortsgemeinden sei ebenfalls noch nicht gesprochen worden.
Nicht nur deshalb habe die CDU-Fraktion in der Kreistagssitzung eindringlich gefordert, dass bei allen Untersuchungen großer Wert auf eine verträgliche Reaktivierung der Hunsrückbahn gelegt werden solle, wobei die Interessen von Mensch und Natur zu berücksichtigen seien. Insbesondere sollen die Ortsgemeinden und die betroffenen Anlieger intensiv am Verfahren beteiligt werden.
Fraktionsvorsitzender Markus Lüttger fordert daher eine breite Beteiligung der Basis und nicht eine Entscheidung über die Köpfe der Menschen hinweg nach dem Motto „so schnell und politisch so schnörkellos, wie es nur geht“.

Keine Ermittlung gegen Ortschef Bernhard Wolf

Die Äußerung, sich notfalls an die Gleise ketten zu wollen, um nächtliche Güterzüge an der Hunsrückquerbahn zu stoppen, erfüllt nicht den Tatbestand einer Straftat. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach von der Aufnahme von Ermittlungen gegen den Langenlonsheimer Ortsbürgermeisters Bernhard Wolf (Freie Liste) abgesehen. Der hatte sich im Gemeinderat entsprechend geäußert (wir berichteten).
Daraufhin hatte die Schweizer Widmer Rail Services (WRS) bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach Anzeige erstattet mit der Begründung, eine Ankettung an Bahngleise bedeute einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr. WRS-Geschäftsführer Alexander Neubauer hatte die Äußerung im Rat sogar als Aufruf zu einer Straftat gewertet. Der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler teilt unserer Zeitung nun mit, dass mit Verfügung vom 23. Oktober von der Aufnahme von Ermittlungen abgesehen wird, da keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen. Deutschler wertet die Äußerung als „rhetorische Überspitzung“, wie er auf Nachfrage erläutert.

Geschichte von überübermorgen
Kommentar von Thomas Torkler
Mit schöner Regelmäßigkeit taucht sie aus der Versenkung auf – um nach kontroverser Diskussion wieder in der Versenkung zu verschwinden. Die Wiederinbetriebnahme der Hunsrückquerbahn zwischen Langenlonsheim und Büchenbeuren und darüber hinaus sorgt mal wieder für Schlagzeilen.
Da muss man als Politiker – möglichst plakativ – mitmischen.
„Warum müsse die WRS mit ihren skandalösen und nicht tolerierbaren Fahrten hupen wie im Wilden Westen?“, fragen FDP-Politiker im Kreis Bad Kreuznach und nehmen für sich in Anspruch, dass ihre Argumente weniger emotional, sondern mehr von Ratio (Verstand) geprägt seien. Die Formulierung „Hupen wie im Wilden Westen“ ist garantiert nicht „emotional“. Und dass eine Partei behauptet,
schlauer als alle anderen zu sein, ist nicht neu. Als Beleg für die eigene Schlauheit verwenden Politiker nicht nur lateinische Begriffe, sondern führen gern Aussagen des politischen Gegners an – in diesem Fall habe der damalige SPD-Verkehrsminister Hendrik Hering „gejubelt“, dass der Zug 2014 auf die Gleise komme. Bevor Mitbewerber der Liberalen für eine Entgegnung nun in den Annalen kramen:
2005 peilte der damalige FDP-Verkehrsminister Hans-Artur Bauckhage einen Zugbetrieb für 2010 an.
Und der FDP-Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Rainer Brüderle, schrieb im September 1991 unter anderem: „Die Landesregierung verfolgt das Ziel, die Inanspruchnahme des Schienengüterverkehrs zu verbessern (...).“ Aussagen von vorvorgestern.
Heute geht es nur um die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene, eine Geschichte von überübermorgen?
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

Re: Aktuelles von der Hunsrückbahn

Beitragvon Horst Heinrich » Fr 13. Nov 2020, 16:56

Fast zeitgleich mit den jüngsten Pressemeldungen hat die DB die gesamte Strecke Langenlonsheim-Büchenbeuren gesperrt.

Als Grund werden Sondierungs- und Instandhaltungsarbeiten angegeben, auch 2021 soll die Strecke gesperrt bleiben.

Tja, wenn die DB nicht will, will sie nicht.
Ich habe ja schon prophezeit, daß sich hier das Drama von 2002 wiederholt, als ein williges EVU durch das EIU (DB) ausgebremst wurde und erst den Gang durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen mußte, bis die DB die Strecke dann ab 2007 wieder befahrbar herrichten mußte.

Das durchsichtige Manöver in der 2.Auflage erhält nun noch eine rein technisch bedeutsame Relevanz, denn seit 13 Jahren hat die DB wiederum keine Maßnahmen zu Erhalt und Verbesserung der Infrastruktur ergriffen, im Gegenteil, so wurden etwa alle Lo-Anlagen abgebaut, es gab keine Gleisarbeiten, die Gehölzarbeiten haben Feigenblattcharakter, die Strecke ist in weiten Abschnitten in einem miserablen Zustand.

Da die Expertise des Infrastrukturbetreibers entscheidend ist, kann man jetzt genau die selbstverschuldeten Mängel als Argument gegen eine Streckennutzung etwa durch die Firma WRS ins Feld führen.
Das EIU kann die Sicherheit des Bahnverkehrs nicht garantieren, sperrt sie also folgerichtig und Instandsetzungsarbeiten kann man beliebig in die Länge ziehen, bis die Nachfrage nach Schienenverkehr erloschen ist.

Und am Ende mischt sich noch der Bundesrechnungshof ein. Man präsentiert eine millionenschwere Kalkulation für die Herstellung der Befahrbarkeit, der Rechnungshof stellt die zu erwartenden Einnahmen gegenüber und hebt die rote Karte.
Zusätzlich verweist man auf das laufende Planfeststellungsverfahren zur Reaktivierung und das ganze wird erst einmal zu den Akten gelegt.

"Außer Spesen nichts gewesen", würde der Volksmund resümieren.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

VorherigeNächste


Ähnliche Beiträge

Hunsrückbahn ab 1977
Forum: Regional historisch
Autor: Horst Heinrich
Antworten: 8
Aktuelles aus Gerolstein von 221 122
Forum: Regional aktuell
Autor: Heiner Neumann
Antworten: 3
Hunsrückbahn zwischen 1900 und 1971
Forum: Regional historisch
Autor: Horst Heinrich
Antworten: 1

TAGS

Zurück zu Regional aktuell

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron