Grauwacke hat geschrieben: Er empfinde es als bodenlose Frechheit, die DB Netz AG zur Instandsetzung einer Nebenbahn zu zwingen, auf der dann pro Woche zwei bis drei Züge verkehren. Aus unternehmerischer Sicht mag das zwar alles richtig sein, aber die verantwortlichen Versager sitzen wie immer in den Parlamenten und verbrennen unser Steuergeld mit einer nicht vorhandenen Verkehrspolitik.
Ich halte es nicht für verkehrt, betriebswirtschaftliche Faktoren auch bei der Betrachtung nationalökonomischer Sachverhalte zu berücksichtigen. Daher ist es verständlich, daß die DB hier das Spielchen mit der vorgeschobenen Trassenbestellung durch WRS nicht mitmacht.
Hinter dieser vorgetäuschten Nachfrage stecken meiner Meinung nach Akteure aus dem Bereich Hobbyeisenbahn, die sich ihr Faible vom Steuerzahler finanzieren lassen möchten.
Nie und nimmer würde eine Güterverkehrsnachfrage die Vorlaufkosten geschweige denn die Unterhaltungskosten refinanzieren.
Insofern muß die Bahn so handeln.
Und der DB-Netz-Jurist ist doch nur eine arme, speichelleckende Marionette - da kann man ja eigentlich nur Mitleid haben, in welchen Schnüren dieser arme Mann gefangen ist.
Der Schuldige an diesem zerstörerischen Chaos -und das hat ja Dirk treffend festgestellt- ist allein die Politik, die in Nationalökonomie keine Expertise mehr hat, seit Karl Schiller tot ist und die sich von renditeorientierten BWL'ern beraten läßt.
Aber ob BWL oder VWL, es gibt in diesen einschlägigen Wissenschaften kein Instrument, das die Bedeutung einer stillgelegten Bahnstrecke darstellen kann. Ein schlauer Nationalökonom würde da z.B. einen Rechenansatz "klauen", etwa in der Wertermittlungsverordnung, die allerdings vom Gesetzgeber für den Bereich der Nicht-Mietimmobilien "erfunden" wurde: Das Sachwertverfahren.
Die Ansätze hier lassen sich -etwas variiert- mühelos auf eine Bahnstrecke übertragen.
Vereinfacht ausgedrückt läßt sich diese Sachwertformel so ausdrücken:
Bodenwert zzgl. Herstellungskosten abzügl. Alterswertminderung zuzüglich Marktanpassungsfaktor.
Allein der Faktor "Herstellungskosten" würde jede Bahnstrecke wie die Hunsrückbahn immer in den positiven Bereich der Kostenbetrachtung bringen.
Die Richtigkeit dieses Ansatzes erweist sich übrigens derzeit recht unsanft in Eifel und Ahrtal.
Hier werden Summen für die Instandsetzung ermittelt, die nahezu astronomisch sind und die z.B. bei der Ahrstrecke nun schon die ersten Gedanken an eine Aufgabe des Schienenverkehrs beflügeln.Vor 10 Jahren, als es darum ging, die Kommunen zwischen Büchenbeuren und Hermeskeil dazu zu bewegen, die Strecke für nicht einmal 500.000 Euro zu kaufen, habe ich mir mal die Mühe gemacht, und das ganze durchgerechnet.
Die 50 km von Büchenbeuren nach Hermeskeil würden -einschließlich der Kunstbauten- mit mindestens rund 500 Millionen Euro zu Buche schlagen. Bei der Gesamtstrecke wären wir bei schätzungsweise einer Milliarde an Wiederherstellungskosten.
Die Erhaltungsinvestitionen werden allgemein mit 1 bis 1,5% des Objektwertes und Jahr berechnet.
Das kann übrigens jedes Milchmädchen nachprüfen: Wenn ich in mein 200.000 Euro-Einfamilienhaus nicht jedes Jahr 2000 bis 2500 Euro investiere, verliert es an Wert.
Das wären bei der Hunsrückbahn 5 bis 7,5 Millionen jährlich zu investierende Mittel.
Da könnte (und müßte) man jetzt noch die Inflationsrate und vielleicht noch die permanente Steigerung bei Löhnen und Material gegenrechnen, da kämen wir seriöserweise auf wenigstens drei Prozent, so daß die Rechnung ganz einfach folgendes Ergebnis hätte:
Für 5 bis 7,5 Millionen Euro jährlich könnte die DB ein 500 Millionen - Objekt erhalten, dessen Wert sich -nach Abzug der Erhaltungsinvestitionen- jährlich um 1,5 bis 2 Prozent steigert.
Der Erhalt der Strecke wäre somit nicht nur ein volkswirtschaftlicher, sondern auch betriebswirtschaftlicher Gewinn.
Aber nur die wenigsten Schmalspur-FH-BWL'ler können überhaupt gut rechnen.
Solche Berechnungen sind aber seriös und stimmig, der Gesetzgeber hat bei der Bahnreform 1994 nur versäumt, sie gesetzlich zu verankern, so daß hier immer noch die klassischen Betrachtungen der Betriebswirtschaftslehre des frühen 20.Jahrhunderts greifen und nach dieser Systematik muß die DB die Strecke abstoßen oder stillegen.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.