Jetzt bekommt der Prümer Raum endlich auch seinen Bahntrassenradweg...
Aus dem Trierischen Volksfreund vom 01.07.2021
Ein wichtiger Schritt zum neuen Radweg
Prüm/Gerolstein/Trier. Der Verein IG Westeifelbahn hat die Klage gegen die Entwidmung der alten Bahntrasse zwischen Prüm und Gerolstein zurückgenommen.
Damit steht vorerst dem Projekt nichts mehr im Weg.
„Ich nehme die Klage zurück“, sagt Bernd Kruse, 1. Vorsitzender der Interessengemeinschaft (IG) Westeifelbahn. Kein Raunen geht durch den Saal des Verwaltungsgerichts Trier, kein Aufschrei erklingt, dabei sind diese fünf Worte das Finale eines gefühlt schier endlosen Ringens um ein Projekt, das für viele eine Herzenssache ist: der geplante Bau des Radwegs auf der ehemaligen Bahntrasse zwischen Gerolstein und Prüm.
Vor dem Verwaltungsgericht reichte der Verein nämlich Klage gegen den Beschluss des Landesbetriebs Mobilität ein, die Bahnstrecke endgültig von ihrer eigentlichen Funktion freizustellen (der TV berichtete).
Kruses Blick wirkt versteinert, nachdem er stellvertretend für den Verein den Rückzug verkündet. „Ich verstehe, dass Ihnen nun das Herz bricht, aber es ist der einzige Weg“, sagt Richter Michael Trésoret. Entschieden kämpfte der kleine Verein seit seiner Gründung 2010 gegen den geplanten Bau des Radwegs und den damit verbundenen unabwendbaren Rückbau der Gleise.
Anfang des Jahres erhoben die Bahnfreunde Einspruch gegen den sogenannten Freistellungsbeschluss. Wie kam es nun zum Rückzug und zur Niederlegung
der Klage?
INFO
Der lange Weg zum Bahntrassenradeln
Die Westeifelbahn war eine 1883 eröffnete Eisenbahnstrecke, die in Gerolstein von der Eifelstrecke abzweigte und über Prüm bis Sankt Vith führte. Sie wurde stückweise ab 1966 wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit stillgelegt. Im Dezember 2000 hielt schließlich der letzte Zug, eine Sonderfahrt der Eisenbahnfreunde in Prüm.
2005 kauften die Verbandsgemeinde Prüm und die Stadt Gerolstein die Grundstücke entlang der Trasse, um sie zu einem Radweg umzubauen. Versuche von privaten Unternehmen, die Strecke zu reaktivieren, scheiterten.
Im September 2018 wurde die Bahnbrücke über die Kyll bei Lissingen abgerissen. Am 13. Juli 2020 erging der Bescheid der Entwidmung von den Bahnzwecken.
Die Antwort muss nicht lange gesucht werden: Richter Michael Trésorets Erörterung dürfte erheblich zum Sinneswandel beitragen. Bevor es nämlich zur eigentlichen Verhandlung kommt, fasst er die bisherigen Ereignisse und die Sachlage, wie sie sich ihm darstellt, zusammen (siehe Info) – sanft, aber nüchtern führt er der Interessengemeinschaft die Ausweglosigkeit ihres Engagements vor Augen.
„Zuerst muss natürlich geklärt werden, ob sie als Verein überhaupt klagen dürfen“, beginnt Trésoret seine Ausführungen. Zwar sei in der Vereinssatzung die Erhaltung der Trasse festgesetzt, letztlich sei eine Satzung aber eben auch nur eine Selbstformulierung. „Als Eigentümer eines Grundstücks oder eines Unternehmens, das betroffen ist, bestünde eine Klagebefugnis. Sie sind in diesem Fall aber allenfalls mittelbar betroffen“, erklärt der Richter.
Ein interessierter Dritter, so berechtigt sein Interesse vielleicht auch sei, könne rechtlich eigentlich in dieser Form nicht vorgehen.
Trésoret zeigt Sympathie für den Idealismus des Vereins, führt Kruse und seinem begleitenden Schatzmeister, Andreas Schäfer, aber auch die grundlegenden Probleme der
Klagen deutlich vor Augen: „Die ganze Sache könnte für den Verein deutlich teurer ausgehen als erwartet.“ Anhand des Streitwerts werden letztlich die Verfahrenskosten
berechnet.
Das Verwaltungsgericht Koblenz, bei dem die Klage zuerst einging, setzte den Streitwert auf 5000 Euro fest. „Sie wurden dementsprechend aufgefordert, 138 Euro zu überweisen. Dann wurde entschieden, dass Trier zuständig ist und der Streitwert neu berechnet.“
Je nachdem, wie die Sache weiter verlaufe und welche Gerichte sich noch damit befassten, liege der Streitwert aber deutlich höher. „Wir schätzen ihn auf 15 000 Euro, er kann aber auch weit höher liegen, bei 60 000 Euro.“
Rechne man dann die Erfolgschancen mit ein, rate er dazu, die Klage niederzulegen, sagt Trésoret. „Sie müssen auch bedenken, dass sie für Unternehmen kämpfen, also für die RSE oder VEB, die kein Interesse mehr an einem Betrieb zeigen.“ Zudem sei mit dem Abriss der Brücke über die B 410 bei Lissingen die Trasse vom restlichen Netz getrennt worden.
Die Aussichten, das Verfahren zu gewinnen, seien damit nicht gerade rosig.
Man beachte hier auch einmal die rein juristischen Aussagen zu Klagebefugnis, Streitwertermittlung und die Hinweise zum rechtlichen Vorgehen "interessierter Dritter" was Verein ja ist.
Hier sollte sich ein Verein künftig überlegen, ob er auf fremdem Gelände überhaupt noch eine Schippe in die Hand nimmt.