Bericht aus der Rhein-Zeitung vom 20.08.2020
Eifelquerbahn: Hat Wasserstoff genug Dampf?
Allianz soll Reaktivierung vorantreiben
Noch in diesem Jahr soll eine Machbarkeitsstudie für die Reaktivierung der Eifelquerbahn vorliegen, um eine aussagefähige Grundlage für einen entsprechenden Förderantrag beim Bund zu haben. Der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr (SPNV) Nord soll diese in Auftrag geben. Gleichzeitig soll aber auch dafür eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land, dem SPNV und den beiden Kreisen Cochem-Zell und Vulkaneifel abgeschlossen werden.
Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag für seine Sitzung am nächsten Montag, dem zuzustimmen.
Wenige Tage zuvor gibt es einen Ortstermin in Kaisersesch. Der Fraktionsvorsitzende der
Landtagsfraktion der Grünen, Bernhard Braun, und die verkehrspolitische Sprecherin Jutta BlatzheimRoegler schauen sich das Projekt „SmartQuart“, die Produktion von Wasserstoff, bei ihrer Sommertour an. Anschließend steht ein Termin am Bahnhof auf dem Programm. „Ich versuche schon lange, die Reaktivierung im Koalitionsvertrag unterzubringen“, sagt Blatzheim-Roegler, die beim Besuch in Kaisersesch auf das Thema aufmerksam machen will.
Dass die Reaktivierung Fahrt aufnimmt, zeigt auch die Beteiligung. Vor Ort ist der Verbandsdirektor des SPNV Nord, Thorsten Müller, der Oberbürgermeister der Stadt Mayen, Wolfgang Treis, sowie Vertreter aus Wirtschaft und Politik. Das Thema Wasserstoff hilft ganz offensichtlich dabei, den Personennahverkehr auf der Schiene in der Eifel wieder in Angriff zu nehmen. Denn der zukünftig in Kaisersesch produzierte Wasserstoff soll zu Testzwecken eine Eisenbahn auf der Trasse antreiben.
Auch zwischen den beiden Landräten und Staatssekretär Andy Becht vom rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium sowie Thorsten Müller vom SPNV gab es ein Gespräch zur Reaktivierung. Dabei habe das Land deutlich gemacht, dass es hinter dem Projekt einer Reaktivierung der Eifelquerbahn stehe, betonte Landrat Manfred Schnur im Kreisausschuss. Ziel sei es, dass die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Streckenanlage die Bahnlinie mit einer schnellen Verbindung im Rahmen eines Regelverkehrs und weiteren, diesen ergänzenden Busverkehren zwischen den Anbindungen in Andernach und Gerolstein attraktiv gestalte.
Um dies alles zu erreichen, ist laut Landrat Schnur der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen den Beteiligten zwingend erforderlich, ebenso eine Machbarkeitsstudie, bei der auch die Möglichkeit eines Wasserstoffantriebs für die Züge geprüft werden soll. In der Machbarkeitsstudie soll die Infrastruktur ein Thema sein, ebenso eine Nutzen-Kosten-Untersuchung. Insgesamt 200.000 Euro wird das kosten. Die Hälfte davon, die für die Infrastrukturplanung vorgesehen sind, übernimmt das Land, die verbleibenden 100.000 Euro werden sich die Kooperationspartner teilen, womit für den Kreis Cochem-Zell rund 20.000 Euro aufzubringen sind, die im Nachtragshaushalt dann auch eingestellt werden sollen.
Auch die Stadt Mayen will sich an dem Wasserstoffprojekt und der Stärkung der Bahnstrecke beteiligen. In Kaisersech macht OB Wolfgang Treis das Angebot, eine Fläche am Mayener Bahnhof für eine Wasserstofftankstelle, mit der die Züge versorgt werden könnten, zur Verfügung zu stellen. „Und dann geht es hoffentlich auch bald wieder mit der Bahn bis Gerolstein“, sagt Treis. Zudem wäre auch eine mit Wasserstoff betriebene Verbindung bis Limburg wünschenswert. Man müsse nun alles für
dieses Projekt tun, mit einer Elektrifizierung der Strecke sei nicht zu rechnen.
Im Kreisausschuss stößt das Vorhaben fraktionsübergreifend weitgehend auf Zustimmung.
Lediglich der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Mons lehnt die Machbarkeitsstudie und die Kooperationsvereinbarung ab. „Eine Reaktivierung der Eifelquerbahn ist wirtschaftlich nicht machbar, daran wird auch die Machbarkeitsstudie nichts ändern. Hier geht es allein um eine politische Entscheidung“, begründet er seine Ablehnung. Auch aus den Reihen der AfD gibt es Skepsis mit Blick auf das Projekt, allerdings stimmt deren Vertreter dann der Empfehlung an den Kreistag zu – ebenso
wie die anderen Kreisausschussmitglieder.
Bernhard Braun spricht am Kaisersescher Bahnhof davon, dass Klimaschutz und die „Transformation der Wirtschaft“ verbunden werden müssten. „In einen Wasserstoffzug würde ich gerne einsteigen“, so Braun. Laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ sind derzeit nur 61 Prozent der Bahnstrecken in Deutschland elektrifiziert, die restlichen Trassen werden mit Dieselloks betrieben. Das soll sich ändern, sagt Thorsten Müller vom SPNV. Es gebe die Forderung aus der Bahnbranche, dass ab dem Jahr 2024 keine neuen Dieselloks mehr in Betrieb genommen werden sollen.
Allerdings gebe es keine hinreichenden Erfahrungen zu den Alternativen, also wasserstoff- und batteriebetriebene Züge. Zwar gebe es Pilotzüge, diese würden allerdings nicht auf Strecken fahren, auf denen so viele Höhenmeter wie in der Eifel bewältigt werden müssten. Mitte des Jahrzehnts müsse man eine technologische Entscheidung treffen, da sei ein solches Projekt sehr wichtig. Und in Kaisersesch passe momentan vieles gut zusammen, so Müller. „Was hier passiert, ist genau richtig für uns.“
Landrat Manfred Schnur wirbt eindrücklich für die Machbarkeitsstudie. „Wir brauchen eine Grundlage für die weiteren Entscheidungen. Und mit einer Reaktivierung der Eifelquerbahn, die dann eingebunden ist in ein größeres Konzept für einen attraktiven ÖPNV und auch mit der großzügigen Unterstützung durch den Bund, kann hier eine Alternative weg vom Auto entstehen“, sagt er im Kreisausschuss. Die Entscheidung trifft der Kreistag am 24. August.
Der Zeitplan für das Projekt ist ambitioniert. Ab 2023 könnte in Kaisersesch Wasserstoff produziert werden. Es wäre wünschenswert, wenn dann auch ein entsprechender Zug zur Verfügung stehen würde, so Müller. Die DB-Regio habe grundsätzlich Interesse an dem Projekt.
Auch Einzelheiten werden schon besprochen. So soll der Wasserstoff „als Öl“ per Lkw von Kaisersesch nach Mayen transportiert werden. Auch ein Test für Speichertechnologien, erklärt Dr. Jörg Heinen von Innogy.
Von Dieter Junker und Kevin Rühle