Ihr liebe Leut,
gestern hatte meine Lebensgefährtin eine tierärztliche Fortbildung in Bingen und da dachte ich mir, ich fahr sie hin und danach ins Zellertal, mir einmal die Strecke ansehen.
Im Zellertal war ich mit der Bahn erstmals 1976, da sind wir mit dem Zug als Schulklasse nach Standenbühl gefahren und zum Donnersberg gelaufen. zwei unvergeßliche Tage (Übernachtung beim Pfälzerwald-Verein in Sechsbettzimmern usw.), kein Vier-Tage-Event mit der Klassenstufe 9 in Prag wie heute, aber das nur nebenbei.
Dann war ich hier öfters in den 1980er Jahren bis zur Einstellung des Pv unterwegs, letztmals 2018, als die Strecke schon im Touristikbetrieb befahren wurde.
Es ist erschreckend, was sich seitdem getan hat.
2018 etwa waren noch alle Lo-Anlagen an BÜ's vorhanden, jetzt wurden sie -als Ersatzteilspender- weitgehend abgebaut. Die handbediente Schranke in Albisheim ist zerstört.
Langsam aber sicher erobert sich die Natur inform von Brombeeeren und Stockausschlägen das Gleisbett zurück, viele Entwässerungen sind verschlammt, die Bahnhöfe sind alle verkauft, die mühsam etwas abseits geschaffenen Zuwegungen sind wieder zugewachsen oder nicht verkehrssicher.
Dem Förderverein, der im Prinzip die Aufgaben des EIU übernommen hat, ist kein Vorwurf zu machen, er stößt hier personell und fachlich an die Grenzen eines Vereins.
https://foerderverein-eistalbahn.de/?page_id=28An der Zellertalbahn, die problemlos 50.000 Menschen auf die Schiene bringen und die Oberzentren Kaiserslautern und Worms verbinden könnte, kann man sehen, daß ohne daß der Staat ordentlich Geld in die Hand nimmt, eine Reaktivierung nur ein Feigenblatt ist.
Da sind rund 7 Millionen für 28 Streckenkilometer ein Wimpernschlag, nicht mehr.
Hier beginnt die Zellertalbahn aus Richtung Kaiserslautern in
Langmeil.Der Bahnhof, einst eine wichtige Station mit einem Dutzend Gleisen, ist heute nur noch Sitz eines Fdl, weder halten hier die Züge der Zellertalbahn, noch die der Alsenzbahn.
Man kann sich fast keinen trostloseren Arbeitsplatz vorstellen. Der Fdl schaut auf drei Gleise und meterhohes Gestrüpp, Publikum verirrt sich keines an das, abseits des namengebenden Ortes gelegenen Gebäude.
Mich hat gewundert, daß zumindest die Uhr noch richtig geht.
Bei
Börrstadt überspannt eine gut erhaltene Brücke aus Steinquadern die Strecke.
Da seit 2016 auch die Unterhaltungsarbeiten ruhen, fängt die Strecke an etwas zuzuwachsen.
Vor
Göllheim liegt der
Posten 2239.
Diese hohe Zahl erklärt sich, weil die Zellertalbahn anfangs anders aufgeteilt war. 1873 wurde der Abschnitt Langmeil Marnheim vollendet, 1874 erhielt Marnheim Anschluß an die Strecke Kirchheimbolanden-Mainz.
Die Erfahrungen aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 veranlaßten den deutschen Generalstab, nach Westen führende Strecken als Hauptbahnen ausbauen zu lassen. So entstand eine Strecke Mainz-Alzey-Kirchheimbolanden-Marnheim-Kaiserslautern, die Bahnposten wurden somit ab Kaiserslautern durchnummeriert.
Von Marnheim nach Worms erfolgte dann eine separate Nummerierung.
Auch dieser BÜ hatte, obwohl im Feld gelegen, eine Lo-Anlage, was der Eigenschaft der Zellertalbahn als zweigleisige Hauptbahn geschuldet war:
Erst ab den 1970er Jahren wurde das zweite Gleis abgebaut.
Die Anlage ist inzwischen aber auch unbrauchbar.
Links im Gras sieht man noch das Gehäuse der HET/HAT.
Göllheim-Dreisen war bis zur Einstellung des Personenverkehrs 1983 ein besetzter Kreuzungsbahnhof mit einem mechanischen Stellwerk, desweiteren gab es hier einen beachtlichen, vorwiegend landwirtschaftlichen Güterverkehr.
Das zweite Gleis liegt noch, ist aber nicht ans Hauptgleis angebunden, dennoch bieten sich hier bei einer Reaktivierung im SPNV gute Chancen, eine Kreuzungs-(Betriebs-)stelle vorzusehen.
(Fortsetzung folgt)
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.