1938 in Birkenfeld




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1938 in Birkenfeld

Beitragvon Horst Heinrich » Do 5. Mär 2020, 13:59

Beim Bau der Nahebahn wurde Birkenfeld nicht direkt von der preußischen Strecke tangiert, obwohl man das Fürstentum Birkenfeld zwischen Idar-Oberstein und Heimbach durchfahren mußte. Die genauen Gründe für diese preußische Weigerung sind noch nicht genau erforscht. Oldenburg war eigentlich immer pro Preußen orientiert und immer ein verläßlicher Partner Preußens, auch in den Kriegen von 1866 und 1870/71 .

Zum Ende der 1870er Jahre gründeten daraufhin die Stadt Birkenfeld und der größte Arbeitgeber der Stadt, die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Roessler AG, kurz DEGUSSA die Birkenfelder Lokalbahn GmbH (später Birkenfelder Eisenbahn GmbH) und es wurde eine fünf Kilometer lange Stichstrecke vom preußischen Bahnhof Heimbach ins oldenburgische Birkenfeld gebaut.
Eröffnet wurde sie am 5.Oktober 1880.

Diese Strecke bestand im Personenverkehr bis zum 31.12.1962 und im Güterverkehr bis zum 30.09.1991. 1994 erfolgte die endgültige Stillegung, danach wurden die Gleise abgebaut.

Lange war geplant, diese Strecke durch das Trauntal über Abentheuer, Börfink und Züsch nach Hermeskeil zu verlängern.
Einer der Fürsprecher war der Industrielle Alexander von Hammerstein-Loxten (1858-1929), der im Trauntal bei Abentheuer ein Sägewerk (Schwerpunkt Bahnschwellen und Fußbodenparkett) betrieb und sowohl in Reinsfeld an der Hochwaldbahn wie auch Thalfang an der Hunsrückbahn Sägewerke und Imprägnieranstalten besaß.
Ein weiterer Bahnbefürworter, der Schwiegervater von Hammersteins, Gustav Adolf Böcking (1812-1893) nannte im Trauntal eine Eisenhütte sein eigen.
Trotzdem gelang es den beiden Wirtschaftsführern nicht, den Bau der Strecke Birkenfeld-Hermeskeil durchzusetzen.

Böcking war mit dem Montanindustriellen Carl Ferdinand von Stumm-Halberg (1836-1901) verwandt, einem persönlichen Freund Kaiser Wilhelms II und Reichstagsabgeordneten, den man wegen seines weitreichenden Einflusses auch "König von Saarabien" nannte.
Auch diese "connections" halfen nichts.

Das ganze Bahnprojekt war sogar weiter gedacht.
Als ganz großer Wurf war nämlich eine Verbindung von der Pfalz zur Mosel geplant:
Kaiserslautern - Landstuhl - Kusel - Baumholder - Heimbach - Birkenfeld - Hermeskeil - Trier.
Der 1.Weltkrieg beendete aber auch hier weitere Expansionspläne der Bahn in den Hunsrück.

Bild
1938 - das Fürstentum Birkenfeld ist erloschen und im III.deutschen Reich "aufgegangen".
Ob man aus diesem Grund die Lok geschmückt hat, ist mir nicht bekannt.
Zuletzt geändert von Horst Heinrich am Do 5. Mär 2020, 23:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 1938 in Birkenfeld

Beitragvon Melander » Do 5. Mär 2020, 19:42

Hallo,

ob die spannende Geschichte des Fürstentums Birkenfeld heute in der Region noch vermittelt wird?
Habe meine Zweifel.

Jedenfalls vielen Dank für den Bericht.

Daniel
Melander
 

Re: 1938 in Birkenfeld

Beitragvon Horst Heinrich » Do 5. Mär 2020, 21:23

Melander hat geschrieben:Hallo,

ob die spannende Geschichte des Fürstentums Birkenfeld heute in der Region noch vermittelt wird?
Habe meine Zweifel.

Jedenfalls vielen Dank für den Bericht.

Daniel


Hallo Daniel,
Deine Frage läßt sich schnell beantworten: Leider nein.
Bis 2019 war ich ja noch als Lehrer für Geschichte und Deutsch am Idar-Obersteiner Göttenbach-Gymnasium tätig.
2018 habe ich Grund- und Leistungskurse einer schwanger gewordenen Kollegin übernehmen müssen, pikanterweise kurz vor Notenschluß ohne eine einzige Note. Was hat die Kollegin in vier Monaten bloß geschafft... :?:
Ich stand also vor der Frage: Wie bekomme ich wenigstens eine schriftliche und eine mündliche Note zustande?
Mündlich ist kein Problem - in 6 Wochen kann man da schon was zusammenbasteln.
Anwesenheit-Beteiligung am Unterrichtsgeschehen-kreative Unterrichtsbeiträge-Kurz- oder Impulsreferate - da geht immer was.

Problem war der schriftliche Leistungsnachweis.
Eine Klausur schied aus - keine Zeit für eine Vorbereitung mit der Klasse.

Ich entschied mich für Hausarbeiten.
Hierzu gab ich einen regionalgeschichtlichen Themenkatalog aus, recherchierbar auch durch Studien vor Ort oder Zeitzeugenbefragung.

Mein 12er und 13er Leistungskurs war vollkommen von den Socken, man war sehr sehr interessiert, hatte aber von den meisten Sachverhalten noch nie was gehört.
In 12 bzw. 13 Schuljahren!

Auch das ist rheinland-pfälzische Bildungspolitik.
Da muß man sich nicht wundern, wenn Abiturienten in der Abiprüfung behaupten, Bismarck habe Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Ich will das Forum nicht langweilen, aber ich stelle den Themenkatalog jetzt hier mal ein, weil es ja wohl auch regionalgeschichtlich Interessierte gibt.

Aus Feinden wurden Freunde I
Die Jahre 1945-1949 unter französischer und amerikanischer Besatzung in Idar-Oberstein

Aus Feinden wurden Freunde II
Die US-Armee im Raum Baumholder und Idar-Oberstein

Besuch am Kriegerdenkmal: Die Gefallenen des II. Weltkrieges in Hottenbach *)
Die familiären, sozialen und wirtschaftlichen Folgen durch den Tod vieler Väter, Funktionsträger und Einkommensgaranten am Beispiel einer Dorfgemeinschaft.

Vergeltung oder Gerechtigkeit?
Das französische Internierungslager Algenrodt

Der Gesellschaft mehr geben als man nimmt.
Die Zeitzeugin des II.Weltkrieges und leidenschaftliche demokratische Kämpferin Elisabeth Jost.

Die dörfliche Volksschule - Gutes und Schlechtes aus 200 Jahren Schulpflicht am Beispiel Hettenrodt. *)

Die Nahetalbahn 1858 - 1918
Von der Erschließung der Saarkohlereviere zu den Truppentransporten des 1. Weltkrieges

Die Nahetalbahn im 20. und 21.Jahrhundert
Rationalisierungen und heutige Bedeutung

Die Birkenfelder Eisenbahn
Eine private Bahnstrecke, ihre Bedutung und ihre Geschichte

Das Amtsgericht Rhaunen 1899-1967
Die Geschichte des regionalen Rechtswesens von der Kaiserzeit bis zur Bundesrepublik an einem Beispiel

Ziviler Arbeitgeber US-Armee: Das größte Depot außerhalb der Vereinigten Staaten Nahbollenbach

Das Göttenbach-Gymnasium
Die Geschichte seiner Entstehung 1872 und seine Entwicklung in der Kaiserzeit.

Gerhard Fels und sein Einfluß auf die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik 1974-1982
(Gerhard Fels machte 1959 sein Abitur am Göttenbach-Gymnasium)

Das Leben von Juliane Bläsius aus Weierbach (1781-1851)
(Julchen Bläsius war die Frau des Schinderhannes)

Der Theologe, Lehrer und Widerstandskämpfer Dr. Georg Maus (1880-1945)
(Georg Maus war ab 1943 Lehrer am Göttenbach-Gymnasium)

Das Fürstentum Birkenfeld von 1815 bis 1937

Die bayerische Rheinpfalz von 1816-1946
(Bis 1946 begann Bayern bei Lauterecken, kaum zu glauben, aber wahr).

Die rheinland-pfälzische Kommunalreform 1966-1974 und ihre Auswirkungen auf den Idar-Obersteiner Raum.

Prof.Dr.Ernst Rudolf Huber (*1903 in Oberstein; † 1990 in Freiburg) - ein fehlgeleiteter Spitzenjurist des III.Reiches

Wie Oberstein zu Idar kam
Die Zusammenlegung am 1.Oktober 1933 - Umstände und Folgen

Die Oberleitungsbusse Idar-Obersteins von 1932-1969
Ein umweltfreundliches Verkehrsmittel, sein Aufstieg und sein Niedergang

Der Idar-Obersteiner Bürgermeister Ludwig Bergér (1887 - 1972)
Leben - Wirken - Nachwirkungen

Der Kommandobunker Erwin bei Börfink (1960-2002)
Ein bedrückendes Relikt des Kalten Krieges

Die Mainzer Republik 1792/93
Der erste Versuch eines bürgerlich demokratischen Staatswesens auf deutschem Boden.


Am Ende hatte jeder "sein" Thema gefunden, ich hatte "meine" Note und war um eine Erfahrung reicher:
Die Jugend ist besser als ihr Ruf und man kann sie immer noch für Bildung begeistern.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
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Re: 1938 in Birkenfeld

Beitragvon Melander » Fr 6. Mär 2020, 03:30

Hallo Horst Heinrich,

ein formidabler Themenkatalog, den Du da angeboten hast.
Mancher Schüler wird Dir in späteren Jahren dankbar sein.

Ich hatte das Glück, bereits in der Grundschule eine Lehrerin zu haben, die (heimat-) geschichtliche Themen immer wieder angesprochen hat. Auch musische Themen kamen nicht zu kurz. Religiöse Themen wurden auch bereits in einem mehr "philosofischen" freien Geist behandelt.
Wer nicht weiß woher er kommt, hat keinen Schimmer, wohin es geht und überläßt den falschen das Feld.

VGD
Melander
 



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