Monsheim 1984




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Monsheim 1984

Beitragvon Horst Heinrich » Mo 25. Mai 2020, 10:46

Zuckerrüben aus Rheinhessen und der Pfalz

Im Zuckerrübenwerk Offstein bei Worms werden bis heute die rheinhessischen und die pfälzer Zuckerrüben verarbeitet. Bis in die 1990er Jahre wurden die süßen Früchte von der DB an fast jedem Bahnhof der Region in Empfang genommen, mit Spezialmaschinen vom Lkw-Anhäger herunter verladen und zum Werk gefahren. Viele, bereits im Pv stillgelegte Strecken wurden oft nur noch für diesen Auftrag vorgehalten und befahren.

Auch die charakteristischen Omm-Wagen waren zu diesem Zweck auf allen möglichen Abstellgleisen das ganze Jahr über deponiert um drei Monate in der Saison aktiviert zu werden.

Die Hauptlast als Zugmaschinen trugen die V 100 der Bw Darmstadt und Worms, auch aus Alzey und Kaiserslautern wurden Maschinen nach Worms beordert. Ganz schwere Gz "stemmten" Loks der Baureihe V 160, die man auf den Nebenstrecken sonst nicht antraf.
Auch die V 60 sah man gelegentlich vor Zuckerrübenzügen, meist dort, wo die Achslasten des teils 100 Jahre alten Oberbaus nicht mehr so hoch waren, etwa zwischen Osthofen und Bechtheim.

Im Oktober 1984, als diese Aufnahme in Monsheim entstand, war Hochsaison im Zuckerrübengeschäft. Im Bw Worms gab es in dieser Zeit für Tf und Rangierer Urlaubssperren.
Es war nicht immer einfach, den Zuckerrüben-GV in den regulären Fahrplan einzuarbeiten, eine Herausforderung für Fahrplanmacher aber auch die Fdl auf den einzelnen Bahnhöfen.
In den 1990er Jahren subventionierten Bund und Land die Zuckerrübenbauern beim Erwerb der Führerscheinklasse 2 und bei der Anschaffung von Lkw für die Feldrandabholung der Rüben.

Ab da setzten sich auf den Straßen der Region täglich hunderte Lkw mit 60km/h Richtung Offstein in Bewegung. Die Erdanhaftungen an den Reifen sind bis heute neben den vielen Fahrzeugbewegungen ein Problem.
Eine Mitschuld an diesem Desaster trifft aber auch die DB, nach jeder Saison wurden dutzende Omm-Wagen ausgemustert, die DB hatte kein Interesse mehr, sie auch nur notdürftig zu reparieren. So wurde das Wagenmaterial knapper und knapper.

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Re: Monsheim 1984

Beitragvon Heiner Neumann » Mo 25. Mai 2020, 11:28

Schöner Beitrag, Horst.

Soweit ich mich erinnern kann, handelte es sich bei den eingesetzten Omm-Wagen zumeist um welche, die kurz vor der Ausmusterung standen und nur noch für den Zuckerrübenverkehr verwendet wurden. Sie trugen, soweit ich weiß, noch die Aufschrift "Darf den Bereich der DB nicht verlassen".

Gruß

Heiner
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Re: Monsheim 1984

Beitragvon Grauwacke » Mo 25. Mai 2020, 18:08

Meine Güte,

obwohl das Ganze bereits 36 Jahre her ist, erinnere ich mich gerne an die Zuckerrübenkampagnen bei der Bundesbahn, so als wäre es gestern gewesen. Ich habe das Nahe Wiesbaden im sog. "Erbenheimer Feld" erleben dürfen. Dort sind wir immer mit den Fahrrädern unterwegs gewesen und haben Kartoffelfeuerchen gemacht. Oberhalb des Bahnhofs Wiesbaden-Erbenheim lagen Berge von Rüben, die dort in die E-Wagen verladen wurden. Im Bahnhof verrichtete zu dieser Zeit immer eine Köf II ihren Rübendienst. War das schön...
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Re: Monsheim 1984

Beitragvon Horst Heinrich » Di 26. Mai 2020, 11:14

Heiner Neumann hat geschrieben:Schöner Beitrag, Horst.

Soweit ich mich erinnern kann, handelte es sich bei den eingesetzten Omm-Wagen zumeist um welche, die kurz vor der Ausmusterung standen und nur noch für den Zuckerrübenverkehr verwendet wurden. Sie trugen, soweit ich weiß, noch die Aufschrift "Darf den Bereich der DB nicht verlassen".

Gruß

Heiner


Genau, Heiner, sie waren das ganze Jahr über auf vielen verwaisten Abstellgleisen "gebunkert" und wurden ja außer für den Rübenverkehr für nichts mehr gebraucht. Bis zur Kampagne ein Spielparadies für die Dorfjugend.

Dem Bahntransport etwa in Rheinhessen waren die meisten Bauern der Jahrgänge 1920-1940 immer treu geblieben, sie wehrten sich vehement gegen die Pläne von DB und Südzucker, auf Feldrandabholung umzustellen, zumal die Rübenerzeugergemeinschaften der einzelnen Regionen an jedem Bahnhof teure Verladeanlagen angeschafft hatten, die man dann nur verschrotten konnte.

Aber, die Betriebsnachfolger, denen das Land die Führerscheine Klasse 2 bezahlte und auch die meisten Anschaffungskosten der Lkw, waren ganz scharf auf ihre neue Rolle als "Kapitäne der Landstraße".
Ich habe da in den 1990er Jahren heftige, auch innerfamiliäre Diskussionen bei Bekannten erlebt.

Da blieb von dem ehrbaren Bauernstand nix mehr übrig - es kam der Agrarindustrielle...was sich heute im modernen "Energiewirt" fortsetzt, der keine Nahrung mehr erzeugt, sondern Strom.
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