Bw Alzey 1962




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Bw Alzey 1962

Beitragvon Horst Heinrich » Mi 15. Jul 2020, 20:48

Schon 1907 kamen erste Wittfeld-Akkumulatortriebwagen (spätere DB-Baureihe 177/178/180) nach Alzey in Rheinhessen.

Sie befuhren alle Nebenstrecken, auch die der Süddeutschen Eisenbahn Gesellschaft in der Region zwischen Bingen, Mainz und Worms.
Wegen der steigungsarmen Trassierung der Strecken erwiesen sie sich wie auch ihr Nachfolger, der ETA 150 als Erfolgsmodell.
Hier sehen wir ein Exemplar kurz vor Ende der Einsätze 1962 im Bw Alzey, das zwar noch seine Drehscheibe besaß, aber seine Selbständigkeit 1954 eingebüßt hatte und eine Außenstelle des Bw Worms war.

Mit dem ETA 177 109 wurde der letzte Wittfelder in Rheinhessen im Sommer 1963 ausgemustert, er diente zuletzt als Arbeitszug.

Bild
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Re: Bw Alzey 1962

Beitragvon Horst Heinrich » Do 16. Jul 2020, 10:29

eifelhero hat geschrieben:Moin HH,
schön das die Alzey Serie weitergeht. :)
Rechts am Bildrand, ungefähr mittig scheint schon wieder ein Wagenkasten ohne Drehgestelle zu sein? :roll:


Wenn die Alzeyer Bilder gefallen, dann bring ich gerne noch welche.

Ausgemusterte Wagen mit und ohne Drehgestell fand man noch in den 1970er Jahren an vielen Bahnhöfen und Bm's als Baracken- und Materiallagerersatz, oft versehen mit der Aufschrift "Bahnhofswagen - Darf nicht in Züge eingestellt werden".

Die Eisenbahner der Nachkriegszeit haben, teils viele Jahre, unter Bedingungen den Betrieb sichergestellt, die heute Arbeitsgerichte beschäftigen würden.
Da wurde zwar schon ab und an geschimpft, aber letztlich spuckte man wieder in die Hände. Der Beruf machte stolz, egal ob man Lokführer, Heizer, Werkmeister oder Arbeiter war oder "Assistent" in der "One-man-Show-" eines kleinen Bahnhofs, auf dem man sieben Berufe ausübte: Fahrdienstleiter, Fahrkartenverkäufer, Fachmann für Reiseauskünfte, Güter- und Expreßgutverkehr und oft noch Schrankenwärter.
Nicht zu vergessen der "Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft" für alles Kriminelle rund um die Gleise.

Das nachfolgende Bild zeigt das Bahndienstfahrzeug des Bf Alzey. Mit solchen Bahndienstfahrzeugen wurden technische Aufgaben auf den Bahnhöfen ausgeführt wie kleinere Reparaturen, es diente aber auch dem Materialtransport oder der Dienststellenleiter benutzte es für Inspektionsfahrten, denn dem Bahnhof Alzey z.B. waren zwei Dutzend besetzte Bahnhöfe als Hauptdienststelle zugeordnet, die der "Chef" regelmäßig zu prüfen hatte.

Diese Prüfung bezog sich sowohl auf den Betriebs-, als auch den Verkehrsdienst und letztlich auch die Kasse. Neben den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf kamen da etwa in Rheinhessen oft größere Summen durch den Güter- und Expreßgutverkehr zusammen, denn bei Aufgabe von Stück- oder Expeßgut wurde meist bar bezahlt.

Diese Position war dem nichttechnischen, gehobenen Dienst zugeordnet, der Chef des Bf Alzey war also Bundesbahnamtmann mit Beförderungsmöglichkeit zum Bundesbahnamtsrat. Er hatte betriebs- und verkehrstechnische Verantwortung für rund 70 nachgeordnete Beamte, Angestellte und Arbeiter, für Dienst- und Schichtpläne, für ein Volksvermögen von mehreren Millionen Mark sowie den reibungslosen Verkehr auf sieben Strecken bzw. Streckenabschnitten.
In Alzey waren das Streckenabschnitte Nieder/Saulheim - Alzey (Strecke Alzey-Mainz), Eppelsheim - Gau-Bickelheim (Strecke Bingen-Alzey-Worms), Alzey - Undenheim/Köngernheim (Strecke Alzey-Bodenheim) sowie Gau-Odernheim- Monzernheim (Strecke Gau-Odernheim - Osthofen) ferner die Strecken Armsheim-Wendelsheim, Sprendlingen-Fürfeld und Alzey - Kirchheimboladen.
Zudem mußte damals der Inspektor des nichttechnischen Dienstes auch die Lokführerprüfung abgelegt haben. Es kann also durchaus sein, daß er den abgebildeten ETA 177 109 selbst gefahren ist.
Das Einkommen dieses Mannes war dennoch -gemessen an seiner Verantwortung und seinem äußerst umfangreichen Fachwissen gepaart mit Berufserfahrung- sehr bescheiden, soviel zum Thema "teure Beamtenbahn".

Bild

Wann der Bf Alzey sein erstes Straßendienstfahrzeug bekam, meist war dies ein VW-Bus oder Pritschenwagen für die Bm, weiß ich nicht genau, aber 1962, als dieses Bild entstand, wurden Dienstreisen in aller Regel noch mit dem Zug ausgeführt.
Hierzu gab es interne Fahrplananordnungen, d.h. der Dienstzug wurde so "eingelegt", daß er während der Zugpausen des regulären Fahrplans verkehren konnte.
Normalerweise kam eine solche Fahrplananordnung von der BD, aber ich glaube mich zu erinnern, daß auch die übergeordnete Bahnhofsdienststelle eine Fahnrplananordnung handschriftlich ausstellen und nach Genehmigung von BD oder ZTL inkraft setzen konnte. Dazu gab es doch auch einen Fahrplanblock - oder war das der für Sperrfahrten...ach herrje, was man alles vergessen kann.

Das wäre eine Frage, die müßte Dirk beantworten können.


Vom Sommer 1974 stammt dieses Bild.

Bild

Es zeigt das Alzeyer Bw als Außenstelle des Bw Worms noch mit Wasserturm.
Nur ganz selten verirrte sich 1974 noch einmal eine 50er nach Alzey. Diese Baureihe mit ihren Varianten war bereits 1967 aus dem Bw Worms verschwunden und die pfälzer und rheinhessischen Maschinen wurden im Bw Kaiserslautern konzentriert.

Von dort erreichten sie Alzey kaum noch, wenn dann punktuell im Güterverkehr.
Dafür sah man sie bis 1975 verstärkt an Nahe und Glan bis hin nach Bingerbrück.
Ein großes Spektakel waren etwa Truppentransporte nach Baumholder, ab Gau-Algesheim mit Dampftraktion und ab Heimbach wegen hoher Gesamtlasten oft noch mit Dampf-Nachschub. Mal sehen, ob ich davon noch ein Bild finde.

Man sieht hinten am Lokschuppen einen ETA 150, der an der Lokschuppenwand gerade aufgeladen wird, auch hier waren entsprechende Steckdosen angebracht. Rechts stehen Bahnbusse, ganz recht ein Magirus-Deutz Saturn, auch mit ihm bin ich "Im Auftrag der Bundesbahn" in den 1980er Jahren noch gefahren.
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