Die Kraftpost in den 1930er Jahren im Hunsrück




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Die Kraftpost in den 1930er Jahren im Hunsrück

Beitragvon Horst Heinrich » Sa 8. Jan 2022, 18:20

Wenn man in den 1930er Jahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Bernkastel-Kues nach Idar-Oberstein reisen wollte, hatte man per Bahn eine kleine Weltreise vor sich.

Über Wengerohr nach Trier, dann über Hermeskeil und Türkismühle zur Nahestrecke nach Idar-Oberstein führte der Weg mit einer Fahrtdauer von ca. 4 Stunden.
Die Reichpost mit ihren Buslinien war da etwas flexibler und sie verband markante und touristisch interessante Hauptorte mit einer reizvollen Linienführung durch landschaftlich attraktive Regionen.

Hier sehen wir einen Magirus-Deutz der O 3000er Reihe in den frühen 1940er Jahren auf der heute als B 269 ausgebauten Straße Morbach-Allenbach.
Das Fahrzeug hatte einen Hubraum von 4200 ccm und leistete 70PS - nicht viel, bedenkt man die befahrenen Gebirgsstrecken.
Die Straße war nur geschottert, noch nicht geteert, wegen ihrer überregionalen Bedeutung und der entsprechenden Beanspruchung war sie oft verschlissen und mußte permanent ausgebessert werden.
Die Busse jener Zeit hatten weder Servolenkung noch Bremskraftverstärker, oft war nicht mal die Schaltung synchronisiert. Ein solches Fahrzeug acht Stunden durch die kurvige und hügelige Hunsrücker Landschaft zu bewegen, das war harte Arbeit.

Bild

In dem Buch "Reichspost-Album" von Volkhard Stern lesen wir:

Vor 110 Jahren, am 1. Juni 1905, begann die Post mit dem Auf­bau eines mod­er­nen, motorisierten Omnibusverkehrs in ganz Deutsch­land – die Zeit der guten alten Pfer­de­postkutsche war zu Ende. Nach Ende des Ersten Weltkriegs entwick­elte sich die Kraft­post schnell zum wichtig­sten und bedeu­tend­sten Verkehrsmit­tel auf der Land­raße.
Über­all dort, wo keine Schienen lagen, ergänzten die gel­ben Post­busse die Eisen­bahn und nah­men neben der Beförderung von Fahrgästen zugle­ich auch die Verteilung von Post und Paketen wahr. Kurz vor Aus­bruch des Zweiten Weltkriegs kon­nte die Deutsche Reich­spost beein­druck­ende Zahlen (Stand 1938) aufweisen:
3.095 Lin­ien
81.984 km Lin­ien­länge
127,4 Mio. Fahrgäste im Jahr
131,1 Mio. km Jahres­fahrleis­tung
6.145 Kraftom­nibusse
Damit war die Deutsche Reich­spost — nach der Deutschen Reichs­bahn — zweit­größtes Verkehrsun­ternehmen in Deutsch­land und größter Omnibus­be­trieb in ganz Europa.


1985 wurde die Kraftpost dem DB-Bahnbusverkehr einverleibt.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
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von Anzeige » Sa 8. Jan 2022, 18:20

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Re: Die Kraftpost in den 1930er Jahren im Hunsrück

Beitragvon ETA 517 » So 9. Jan 2022, 11:28

Horst Heinrich hat geschrieben:Die Busse jener Zeit hatten weder Servolenkung noch Bremskraftverstärker, oft war nicht mal die Schaltung synchronisiert. Ein solches Fahrzeug acht Stunden durch die kurvige und hügelige Hunsrücker Landschaft zu bewegen, das war harte Arbeit.



Hallo Horst,

da war der Begriff "Kraftfahrer" noch wörtlich zu nehmen. Zumal die Männer ihrer Zeit nicht nur Fahrerkünstler, sondern auch Mechanikerkenntnisse vorweisen mussten. Bei einem Plattfuss auf Trilex-Felgen, musste der Schlauch noch gewechselt werden... das hat dann mal schnell 1,5 - 2 Stunden Zeit gekostet.
Aber was war der Begriff Zeit damals wert? Wann man am Ziel war war egal, Hauptsache man kam an, getreu dem Motto "lieber schlecht gefahren wie gut gelaufen".

Danke für die kleine Zeitreise.

Euch allen einen schönen Sonntag


Gruß

Marcus
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ETA 517
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