Liebe Mitforianer,
ich möchte das Bilderalbum meines Onkel Hennes auch in diesem Forum wiederbeleben.
Von Onkel Hennes (1906-1995) erfuhr ich die wichtigsten Eisenbahnprägungen.
1924, nach dem Abitur ging er zur Bahn.
Das zunächst angedachte Jurastudium war ihm in den Wirren der Inflations- und französischen Besatzungsjahre in den Rheinlanden zu unsicher.
Seine Ausbildungen für den gehobenen (Betriebs-)Dienst umfaßten seinerzeit noch alle Sparten des nichttechnischen Dienstes, die Lokführerprüfung eingeschlossen.
Seine erste Planstelle nach der Inspektorenprüfung war der Bahnhof Mainz-Bischofsheim.
Seinen aktiven Dienst beendete er im Sommer 1971 als BOR bei der neu installierten ZTL Mainz, die er noch aufbauen half.
Als hoher Beamter hatte Onkel Hennes, obwohl er persönlich bescheiden war, einige Attribute des Wohlstandes, etwa ab den frühen 1960er Jahren einen VW-Käfer und auch einen hochwertigen Fotoapparat, eine Agfa Silette.
Er fotografierte gerne, sammelte aber auch Fotografien anderer, z.B. aus dem Bahngeschehen "seiner" BD Mainz.
Den Anfang möchte ich mit der linksrheinischen Blockstelle Rheinstein bei km 149 unweit von Bingerbrück machen.
Sie bestand bis Ende der 1969er Jahre und über ihren BÜ konnte man von der Bundesstraße 9 und dem nahegelegenen Ausflugslokal "Haus Böppchen" die Rheinkribben erreichen.
Die einst in Blaubasalt gepflasterte Reichs-, spätere Bundesstraße 9 ist bereits mit einer Teerschicht überzogen, ein Zugeständnis an den Kraftfahrzeugverkehr, der ab den späten 1930er Jahren am Rhein zunahm.
Inwischen sind leider das Dienstgebäude, als auch das "Haus Böppchen" abgerissen.
Auf der rechten Rheinseite oberhalb von Aßmannshausen sieht man noch einen der zahlreichen kleinen Steinbrüche. Hier holten sich die Bewohner der Rheintalgemeinden noch viele Jahre ihren Taunusquarzit als Baumaterial.
Heute gibt es nur noch einen Steinbruch im Rheintal, die Hartsteinwerke Sooneck bei Trechtingshausen.
Leider besitzt das Unternehmen keinen Bahnanschluß, aber eine stark genutzte Verladeeinrichtung für Rheinschiffe.
Die Hindenburgbrücke
Wenige Jahre vor der vorherigen Aufnahme waren die Rheinlande (von 1918 bis 1930) französisch besetzt.
Auf der folgenden Aufnahme sind zwei französische Offiziere bei einer Inspektionsfahrt über die Hindenburgbrücke zu sehen.
Die Reichsbahn selbst hatte die Brücke mit einem Bohlenbelag versehen, um sie ab 1920 für den Auto- und Lkw-Verkehr zu öffnen.
In einem langjährigen Prozeß gegen die Bahn wehrten sich die Binger und Rüdesheimer Fährleute gegen diesen Eingriff in ihre, seit dem Mittelalter bestehenden Fährrechte.
Schließlich verlor die Bahn den Prozeß und ab 1928 diente die Hindenburgbrücke wieder ausschließlich dem Bahnverkehr.
Wenn die Franzosen eine Inspektionsfahrt mit dem Auto unternahmen, mußte der Bahnverkehr angehalten werden.
Die Züge warteten dann rechtsrheinisch vor der Bk Floß und linksrheinisch vor der Bk Rochusberg.
Diese Inspektionsfahrten hatten meist keine militärische Bedeutung, französische Offiziere waren gern gesehene Gäste in Binger und Rüdesheimer Weinlokalen.
Der Blick geht Richtung Rüdesheim.
Strecke Simmern-Gemünden
Die Strecke von Simmern nach Gemünden, lange projektiert, 1913 begonnen und erst 1922
vollendet, sollte eigentlich den Hunsrück direkt mit der Nahestrecke bei Martinstein verbinden.
Aber, als nach neunjähriger Bauzeit das etwa 15 km lange Teilstück bis Gemünden fertig war, war der Kraftfahrzeugverkehr schon so eine gute Alternative, insbesondere in Gestalt der Post- und Bahnbusse, daß die Fortführung der Strecke durch das Kellenbachtal nicht mehr realisiert wurde.
Auch der Güterverkehr, hauptsächlich der Abtransport von Gestein und von Holz, war schon stark auf Lastkraftwagen umgestellt.
Als erste Strecke auf dem Hunsrück wurde Simmern-Gemünden daher bereits am 24.November 1963 stillgelegt, man wartete nicht einmal mehr das Ende der Fahrplanperiode ab.
In den folgenden beiden Jahren wurde die Strecke komplett abgebaut.
Fotoaufnahmen vom Betrieb der Strecke sind selten.
Das Bild zeigt den Eröffnungszug am 3.Juli 1922 aus Simmern kommend im Bf Holzfeld.
Das Empfangsgebäude weicht stilistisch schon von den, zwischen 1888 und 1903 errichteten Gebäuden der Hunsrücker Bahnen ab und zeigt Elemente des Bauhaus-Stiles.
In jener Zeit litt das ganze heutige südwestliche Rheinland-Pfalz einerseits unter der französischen Besatzung, andererseits unter einer gewaltigen Inflation. So wurde der Naturaltausch wiederbelebt.
Da die Kaufkraft des Geldes permanent sank, fuhren Städter oder meine rheinhessischen Vorfahren gerne in den Hunsrück, um etwa Obst gegen Kartoffeln zu tauschen.
Solch eine Tausch-oder Hamsterfahrt dauerte dann den ganzen Tag, ein dreimaliges Umsteigen auf 90 Streckenkilometern inbegriffen. Bei aller Eisenbahnromantik: Unter diesen Umständen hätte die Strecke heute keine Chance, selbst wenn es sie noch gäbe.
Aber man kann ja, wie man andernorts sieht, mit kreativen Konzepten auch ländliche Strecken attraktiv machen.