Dieselpower hat geschrieben:
Diese positive Grundhaltung der Bevölkerung und das vorausschauende Planen fehlt bei uns einfach.
Da gebe ich Dir recht. Allein im Ballungsraum Mainz-Alzey-Worms, um nur ein Beispiel zu nennen, könnte man einige Strecken einer neuen Bedeutung zuführen, tausende Pendler würden gerne in einem Nahverkehrstriebwagen sitzen, denn in Staus auf dem Mainzer Ring.
Aber es fehlt das vorausschauende Planen!
Mein Paradebeispiel: Die alte KBS 661 Bodenheim-Alzey.
Ohne nennenswerte Kunstbauten erschloß sie 11 rheinhessische Orte direkt und war von 6 weiteren nur wenige Kilometer entfernt.
Von Bodenheim fuhren einige Züge schon nach Mainz durch oder begannen dort.
Die genannten Orte sind in den letzten 30 Jahren gewaltig gewachsen, bisweilen hat sich ihre Einwohnerzahl verdoppelt, die gesamte Region ist nach Mainz-Wiesbaden-Frankfurt hin orientiert.
Bei der Streckenstillegung für den Personenverkehr am 31.05.1985 war diese Tendenz schon erkennbar.
Damals haben wir, eine Handvoll Studenten der Universität Mainz eine Initiative gestartet und jeden Gemeinderat, Bürgermeister, Kreistagsmitglied an der Strecke mit einer umfassenden Darstellung der Bedeutung und der Chancen dieser Strecke angeschrieben.
Das waren einige tausend Kopien, die Portokosten lagen im dreistelligen Bereich, ich selbst fuhr damals Bus "Im Auftrag der Bundesbahn" oft parallel zum Zug zwischen Mainz und Kirchheimbolanden, ich habe die Leute angesprochen, Werbung für die Strecke gemacht, ihre historische Bedeutung referiert, nicht zuletzt das sichere Verkehrsmittel angepriesen, denn es gab fast keine Tour mit dem Bus durch die Dörfer, wo es nicht beinahe cecrasht hätte, meist im Begegnungsverkehr der engen Ortsdurchfahrten.
Die meisten Mandatsträger, ich will mal sagen 98%, haben gar nicht reagiert, andere hatten Ausflüchte, zwei Menschen mit Verstand und Weitblick sind mir besonders in Erinnerung. Der Alzeyer Landrat Rolf Rein, ein erklärter Gegner der Stillegung, ein feiner Mann, er schrieb uns: "Sie haben heute schon die Antwort auf Fragen, die man sich in der Zukunft stellen wird, aber es ist wohl das Schicksal von Visionären, daß sie dann, wenn es angebracht wäre, nicht ernst genommen werden. Ich jedenfalls danke Ihnen ganz herzlich!"
Der zweite war der Ortsbürgermeister von Gau-Odernheim, er führte sogar im Gemeinderat eine Abstimmung für eine Resolution zum Erhalt herbei, aber hier enthielten sich sogar einige seiner Parteifreunde, die meisten anderen stimmten dagegen, darunter einer der Fahrdienstleiter von Gau-Odernheim, aber er ist in diesem Jahr sowieso in vorzeitige Pension gegangen (mit 56).
Bei dieser Thematik habe ich langsam das Gefühl, alles folgt schon fast paralysiert wie Lemminge einem verhinderbaren Unglück, jeder erkennt den Unsinn, zeigt sich aber machtlos.
Ich bin ja ein großer Fan des menschlichen Gehirns, allein schon von berufswegen,aber manche "Schaltfehler" erschließen sich mir nicht und bringen mich schier zur Verzweiflung.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.