Rolf hat geschrieben:
Bemerkenswerterweise nachts auf freier Strecke. Geht wohl nicht anders, denn tagsüber findet ja mittlerweile der Vorlaufverkehr statt und Ladegleise gibt's bekanntlich ja auch kaum noch.
Im einstigen "Land der Reben, Rüben und Raketen" (Rheinhessen-Pfalz), meiner Heimat z.B. ist zum Glück noch einiges an Infrastruktur da, oft zwar nur noch das Abstellgleis leider ohne Weiche, aber wenn man wollte, könnte man sie wieder einbauen. Überhaupt sieht man ja allerorten, was möglich ist, wenn man wirklich Bahnverkehr will.
Aber an dieser Thematik sieht man auch sehr schön die fehlende Nachhaltigkeit politischer Entscheidungen, die nicht auf dem Volkswohlgedanken, sondern auf Lobbyismus basieren.
Schon vor 30 Jahren war der Zuckerrübenversand per Bahn die einzig nachhaltige und sinnvolle Variante.
Aber in den 1990er Jahren wollte eine unselige Allianz aus Südzucker, Bauern und Landesregierung gegen jede Vernunft die Umstellung auf Feldrandabholung per LKW.
Es wurden Transport-GbR's gegründet, mit Landesmitteln LKW's angeschafft, Rübenwaschanlagen eingebaut, die Unmengen Frischwasser verschlangen (vorher war der Dreck nach ein paar Tagen Zwischenlagerung am Bahnhof einfach abgefallen), jungen Bäuerchen wurde der Führerschein Klasse II bezahlt und die Bahn war nicht unfroh, denn der Zuckerrübentransport -freilich lukrativ- war allein eine personelle und logistische Herausforderung. So gab es etwa im Bw Mainz und der Bw Außenstelle Worms ab September beim Lok- und Rangierpersonal Urlaubssperren, aus vielen Bw's (etwa Darmstadt) mußten Loks, vorwiegend der Baureihen V 160 und V 100 in Rheinhessen und der Pfalz zusammengezogen werden.
Das Rangiergeschäft war nur durchführbar, weil es im Pv keinen Taktfahrplan gab und dementsprechend auch tagsüber längere Zugpausen.
Aber dieses Rangiergeschäft, bisweilen umständlich wegen rückgebauter Gleisanlagen aus Bahnhöfen (wenn etwa das Rübengleis nur noch einseitig an die Strecke angebunden war), war eine ökologisch sinnvolle Sache. 1000 Tonnen Fracht in einem Zug, das sind rund 30 Lkw-Fuhren.
Heute müßte das ganze anders organisiert werden, aber man bekäme es hin.
Entscheidend wäre aber eine neue Allianz pro Schiene: Politik-Bauern-Südzucker.
Und da ja auch heute engagierte private Bahnunternehmen Zugang zum Netz haben, könnte sich auch hier etwas entwickeln.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.