Durchs Hohe Venn, 08. April 1995




Re: Durchs Hohe Venn, 08. April 1995

Beitragvon Horst Heinrich » Mo 6. Dez 2021, 15:59

Ein schöner Bericht, Guido. Da "oben" war ich seinerzeit nicht unterwegs, erst 2019 kam ich mal in diese Gegend.
Unverantwortlich, was da an Eisenbahninfrastruktur zerstört wurde in einer landschaftlich reizvollen Region, die unglaublich gewinnen würde, könnte man sie mit dem Zug modern im SPNV und ergänzend gemütlich etwa mit Sonderzügen wie hier zu sehen, bereisen.

Lassen wir uns überraschen, was neue Regierungen künftig zuwege bringen, schließlich diente ja auch ein Radweg der Trassensicherung, wie immer wieder betont wurde.
Die Gesellschaft im 21.Jahrhundert: Bei vielen nichts anderes als das Fortleben des prähistorischen Menschen unter der dünnen Schale der Zivilisation.
Benutzeravatar
Horst Heinrich
Bundesbahn-Direktor A15
 
Beiträge: 1116
Registriert: So 24. Mär 2019, 17:42
Wohnort: Hirschfeld/Hunsrück

von Anzeige » Mo 6. Dez 2021, 15:59

Anzeige
 

Re: Durchs Hohe Venn, 08. April 1995

Beitragvon Dieselpower » Mo 6. Dez 2021, 16:57

Zumal ja das Wort "Euregio" so gerne betont wird - was wäre also (wenn auch nur noch historisch) hier näher am Thema, als eine Eisenbahn, die wie eine Enklave belgisches Staatsgebiet auf deutschem Boden darstellt(e)?
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Albert Einstein
"Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich...!"
Konrad Adenauer
Benutzeravatar
Dieselpower
Oberster Betriebsleiter OBL
Oberster Betriebsleiter OBL
 
Beiträge: 959
Registriert: So 24. Mär 2019, 12:34
Wohnort: Höchstenbach

Re: Durchs Hohe Venn, 08. April 1995

Beitragvon Rolf » Di 7. Dez 2021, 14:13

Von mir aus auch ein dickes Dankeschön für die Tollen Fotos, die Erinnerungen an diese einmalige Strecke in wunderschöner Landschaft wachruft. Das wunderbare Foto mit der 41er-Doppeltraktion ist übrigens in den Narzissenwiesen zwischen Sourbrodt und Kalterherberg entstanden. Ein überwältigender Anblick im Frühjahr. An der Stelle biegt heute übrigens der Fahrradweg in einer Schleife gen Westen ab, um das Habitat von Braunkehlchen nicht zu beeinträchtigen. Sowas geht heute alles, aber für die Bahn war kein Geld da. Schade!

Schon als Teenie hat mich die Vennbahn fasziniert. Ab 1977 studierte mein nächstälterer Bruder in Aachen Elektrotechnik, und was lag da näher, als die Vorzüge der Personalfahrkarte für häufige Wochenendbesuche im schönen Aachen beim geschätzten Bruder zu nutzen. Oft sind wir von dort mit dem Fiat 500 im dritten Gang die "Himmelsleiter" nach Monschau und Umgebung hoch gefahren und haben dabei die mit belgischen Lichtzeichenanlagen gesicherten Bahnübergänge der Vennbahn passiert, was mich stets sehr beeindruckt hat. Da ich leider als einziger von fünf Söhnen meines Vaters, der schon seit dem Ende der 30er Jahre (vermutlich seit 1938) bei "der Bahn" tätig war, ein gewisses Interesse an der Eisenbahn vom Vater geerbt hatte, konnte ich ihn leider nie bewegen, mal anzuhalten und die Bahnhöfe am Rande des Weges zu inspizieren. Ich erinnere mich aber gut an die Bahnhöfe unterwegs, Röttgen und Konzen, wo immer mal Güterwagen standen und wieder verschwanden. Also war die Strecke noch in Betrieb und ich war fest entschlossen, der Strecke einen Besuch abzustatten, wenn ich mal unabhängig und mobil sein würde. Leider kam es erst Mitte der 90er Jahre dazu, als der Güterverkehr längst eingestellt war.

Einmal sind wir dem Zug nur zufällig begegnet (es gab ja noch kein Internet als Informationsquelle) und ich konnte meine Begleiterin zu einer spontanen Mitfahrt von Röttgen bis Monschau bewegen, was mir deutlich machte, wie wenig attraktiv der Bahnhof für den Besuch in der schönen Stadt im Tal gelegen war. In den späten 90er hatte ich dann endlich mal Gelegenheit, unter Dampf von Raeren bis Bütgenbach und auf Nachfrage sogar zum Umsetzen bis Büllingen mitzufahren. Eine faszinierende Fahrt durch eine einmalige Landschaft. Der Zug war übrigens proppenvoll und nach der Rückkehr aus Büllingen nach Bütgenbach hatte dort kein Restaurant mehr einen Platz für uns. Die touristische Bedeutung der Bahn war also sehr hoch einzuschätzen. Umso erstaunter und traurig war ich, dass die Strecke 2001 für mich völlig überraschend stillgelegt wurde, hatte ich doch um 2000 anlässlich der Eröffnung des Hauses Ternell Gelegenheit, mit dem Stadtdirektor von Eupen und Karl-Heinz Lambertz, dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinde (DG), über die Bedeutung der Vennbahn zu sprechen und als touristisches Highlight für den Erhalt zu werben. Beide gaben sich interessiert, aber zurückhaltend und sagten mir, dass es eine Frage der Kosten sei, da die Strecke von der belgischen Staatsbahn mittlerweile an die DG übergegangen war. Lambertz meinte, er müsse auch Schulen und Turnhallen neu bauen, aber man habe das Projekt im Blick. Festgelegt hatten sich beide nicht. Später wusste ich dann, warum.

Nach der Stilllegung war zu lesen, dass der Oberbau völlig marode war und eine Sanierung im zweistelligen Millionenbereich gelegen hätte, was die DG einfach nicht stemmen konnte (oder wollte).
Horst Heinrich hat geschrieben:Unverantwortlich, was da an Eisenbahninfrastruktur zerstört wurde in einer landschaftlich reizvollen Region, die unglaublich gewinnen würde, könnte man sie mit dem Zug modern im SPNV und ergänzend gemütlich etwa mit Sonderzügen wie hier zu sehen, bereisen...
Ich habe auch nie verstanden, warum man bei der zweigleisigen Trasse das alte Gleis nicht liegen gelassen und den Fahrradweg daneben errichtet hat. Es wäre so einfach gewesen, und zwischen Kalterherberg und Sourbrodt ging es ja auch. Daher ist es wirklich schade und ein Jammer, dass die Strecke abgerissen wurde.
Der Fahrradweg wird allerdings sehr intensiv genutzt, und wir sind dort auch schon oft unterwegs gewesen. Immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ein Jammer, dass die Kombilösung nicht angestrebt wurde.

Die Ravel-Radwege auf Bahntrassen in Belgien sind allerdings so angelegt, dass dort wieder Gleise gelegt werden könnten. Anders als vielfach in Deutschland, sind Filetstücke nicht herausgerissen und mit Bau- oder Supermärkten überbaut. Hier wäre eine Reaktivierung noch möglich. Wer weiß…
Dieselpower hat geschrieben:Zumal ja das Wort "Euregio" so gerne betont wird - was wäre also (wenn auch nur noch historisch) hier näher am Thema, als eine Eisenbahn, die wie eine Enklave belgisches Staatsgebiet auf deutschem Boden darstellt(e)?
Die Trasse ist immer noch belgisches Staatgebiet und wird es auch bleiben.
Rolf
(Lok-)Betriebsinspektor A9
 
Beiträge: 242
Registriert: Mi 5. Aug 2020, 20:08

Vorherige


Ähnliche Beiträge


TAGS

Zurück zu Überregional/International Historisch

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron