Mo 22. Apr 2019, 20:16
Liebe Forengemeinde,
nun, da Horst hier schon eine Steilvorlage geliefert hat, möchte auch ich mich in diesem Forum einmal kurz vorstellen. Ich bin der Dirk und arbeite hauptberuflich bei der DB Netz AG im Bereich der Betriebsvorschriften. Begonnen habe ich meine Laufbahn am 01.09.1988 als junger Bundesbahninspektorenanwärter bei der Deutschen Bundesbahn. Ich stehe damit in der 3. Generation als Eisenbahner in der Pflicht. Mein Ausbildungsbahnhof war Wiesbaden Hbf und nach dem Studium an der FH Bund entschied ich mich seinerzeit für einen Einsatz im äußeren Betriebsdienst. Nach einem kurzen Intermezzo als Fahrdienstleiter im Bahnhof Eltville, verschlug es mich zunächst über den Zivildienst zum DRK auf den Rettungswagen. Nach meiner Rückkehr auf den Planeten Erde (mittlerweile hatte ich mich schon an das tägliche Konsumieren von THC zu Schichtbeginn gewöhnt), verbrachte ich 6 Jahre im Frankfurter Hauptbahnhof in der Betriebsaufsicht und auf der Betriebsüberwachung (Stellwerk "Fpf"). Damals durfte man diese Tätigkeiten erst begleiten, wenn man alle anderen Gewerke in diesem Bahnhof durchlaufen und für einen Monat selbständig dort Dienst verrichtet hatte. Also war ich ausgebildeter und geprüfter Rangierer, Kleinlokbediener, Aufsichtsbeamter, Zugführer, Tischbediener auf dem Zentralstellwerk "Fpf", Fahrdienstleiter Innenbahnhof und Zentralfahrdienstleiter "Fzf", Rangierdisponent und Unfallsachbearbeiter im Betriebsbüro. Nach einem Jahr durfte man dann zur Einweisung in die BetrAufs/BÜ. Als Disziplinarvorgesetzter außerhalb der Bürozeiten musste man Vorbild sein und Stallgeruch haben, so die Philosophie des alten Bahnhofsvorstehers. In den 6 Frankfurter Jahren habe ich so ziemlich alles erlebt, was der Betriebsdienst an Überraschungen bereit hält und da die Schlange raus aus dem Wechseldienst lang war, bewarb ich mich 1998 direkt in die zentrale Baubetriebsplanung nach Mainz. Durch mehrere Umorganisationen (das Chaos nach der Bahnreform nahm so langsam an Fahrt auf) bewarb ich mich dann wieder zurück nach Frankfurt/M. in die Fachabteilung zu den Kollegen der Fahrdienstvorschrift und da bin ich heute noch, 31 Jahre nach meinem beruflichen Start bei der Behördenbahn.
Zwischenzeitlich ist mir mein zweiter Beruf im Rettungsdienst weitaus wichtiger geworden. Das merke ich daran, dass es mich mittlerweile Freundschaften kostet, wenn ich erzähle, dass ich bei der Bahn arbeite und es mir Freundschaften bringt, wenn ich kund tue, dass ich beruflich als Notfallsanitäter auf dem "Pflasterlaster" arbeite. Bei der einen Tätigkeit rettet man Leben und bei der anderen verbrennt man Steuergelder, wenn man sich dem allgemeinen Trend der nicht vorhandenen Verkehrspolitik anschließt, aber das ist ein politisches Thema. Während Horst-Heinrich sich von außen mit Köpfen beschäftigt, dringe ich bei meiner Tätigkeit ab und an auch physisch ins Innere der menschlichen Körperwelten vor. Die Umstände sind halt andere aber ich denke beide haben wir es mit Abgründen zu tun. Aber ich glaube das erst ist es, was den Blick für das Wesentliche schärft. Wir
en noch über Dinge, bei denen andere längst ans Sterben denken... Aber es ist
so, wie es ist. Man verliert dadurch auch die Furcht vor dem Tode, nur die Hürde des Sterbens müssen wir "sauber" überwinden, weil das Sterben zum Leben gehört. Da wir nicht wissen, woher wir kommen, wissen wir auch nicht, wohin wir gehen. Die zeitliche Distanz zwischen Geburt und Tod nennt man Leben. Ergo beschäftige ich mich auch nur damit; alles Andere wäre Zeitverschwendung, da sinnlos. Es ist noch niemand von dort zurückgekommen. Aber jeder geht dorthin. Man mag mich einen Atheisten nennen, aber das bin ich nicht. Ich glaube an eine übergeordnete Macht, die das Alles hier lenkt und erfunden hat, aber mehr auch nicht. Dass es eine Macht ist, spürt man, wenn man im Tauziehen mit Freund Hein einmal versucht hat, einen Menschen zu reanimieren. Egal wie es ausgeht, es ist jedes Mal ein Ringen mit dem Tod und das kostet unglaublich viel physische und mentale Energie. Mal gewinnt man, mal verliert man. Aber das soll es zu dieser Tätigkeit auch gewesen sein. Zu meinem Familienstand: Ich wohne in einem alten Bahnhof, bin verheiratet und habe 3 liebe Kinder im Alter von 5, 7 und 10.
Ich oute mich zur Eisenbahn eigentlich nur noch im privaten Kreise und gebe die Eisenbahn freiwillig nur noch als Freizeitbeschäftigung an. Das weckt das Interesse der Zuhörer und erspart eine Menge Frust. Wie Marko und einige andere hier, gehöre ich zur Truppe der ARGE mechanische Stellwerke und damit zum Museumsbahnhof Rotenhain im schönen Westerwald.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir dieses Forum wieder mit zahlreichen aktuellen und historischen Berichten und Bildern rund um die Eisenbahn bereichern könnten und uns nicht auf einem DSO-Niveau, was den Umgang miteinander anbelangt, bewegen.
Viele Grüße in die Runde, Dirk
Zuletzt geändert von Grauwacke am Fr 26. Apr 2019, 15:04, insgesamt 4-mal geändert.