Heute berichtet die Rhein-Zeitung Simmern von der Erkundungsfahrt.
Erfolgreiche Inspektion der Hunsrücktrasse:
Neben Protestaktion viel Beifall für Güterverkehr-Testfahrt
Ein großer Bahnhof wurde am Freitag und Samstag einer Lok bereitet, die als Vorbote möglicher Gütertransporte auf der Trasse der Hunsrückquerbahn unterwegs war. Im Rahmen einer Inspektionsfahrt erkundete ein Team der Schweizer WRS Widmer Rail Service AG die Strecke, die möglicherweise noch in diesem Jahr offiziell beschickt werden könnte.
„Das war ein erster Aufschlag“, sagte WRS-Niederlassungsleiter Alexander Neubauer nach der Inspektionsfahrt.
Als sich die 80 Tonnen schwere Diesellok der Baureihe 225 über die Gleise der Hunsrückquerbahn schob, warteten überall auf ihrem Weg Menschen. Die meisten davon waren überaus guter Dinge, die Lok zu sehen, die von der WRS auf die Strecke gebracht wurde – und viele waren auch überrascht, wie schnell sich die Lok den gezückten Smartphones und Kameras näherte.
Überall dort, wo kein Bahnübergang zu queren und vor allem aktiv zu sichern war, kam die Fahrt schnell voran.
Alexander Neubauer, der Teil des Drei-Mann-Teams an Bord der Lok war, zeigte sich angetan vom technischen Zustand der Strecke. „Im Großen und Ganzen verlief es positiv“, sagte er, „wir wissen jetzt, wie die Strecke funktioniert.“
Es seien lediglich einige kleinere Mängel festgestellt worden, die jetzt mit dem Infrastrukturbetreiber erörtert werden müssten.
Abhängig davon, wie diese Abstimmungen mit der zuständigen DB Netz AG verlaufen, könnten wohl tatsächlich in absehbarer Zeit Güterzugverbindungen aufgenommen werden.
Ein wichtiges Thema der Gespräche dürften die Bahnübergänge sein – bei der Inspektionsfahrt stieg an jedem der Übergänge, die teils fernab von regulären Straßen und Wohngebieten liegen, ein Bahnübergangsposten aus und sorgte für eine sichere Passage.
Für die Zaungäste war es ein Hingucker, für die WRS dürfte dieses Prozedere im regulären Betrieb einigen Aufwand bedeuten
Von Langenlonsheim aus kommend, näherte sich die Diesellok dem Rhein-Hunsrück-Kreis und wurde dort von Neugierigen, diversen Bahnfans, aber auch von der Politik willkommen geheißen.
In Simmern gehörten verschiedene Mitglieder der Parlamente zu denjenigen, die sich über die Ankunft des WRSTeams freuten. Stadtbürgermeister Andreas Nikolay, der die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn ebenso wie der Kirchberger VG-Chef Harald Rosenbaum und dessen Kollege Michael Boos (VG Simmern-Rheinböllen) erheblich unterstützt, begrüßte die Inspektionsfahrt ausdrücklich.
Nach Jahren des Wartens auf die Bahn war eine gewisse Begeisterung spürbar, wenngleich Nikolay und seine politischen Mitstreiter nicht verbargen, dass sie sich über Personenverkehr noch mehr freuen würden.
Vielleicht könne die WRS für eine Initialzündung sorgen.
Kritisch empfangen wurde die Inspektionsfahrt, wie Neubauer erläuterte, derweil in Windesheim (Kreis Bad Kreuznach). Versuche, mit protestierenden Menschen ins Gespräch zu kommen, scheiterten. „Wir haben versucht, in einen Dialog zu kommen“, sagte Neubauer. Doch dieses Ansinnen war nicht erfolgreich. Volker Boch
Ein Bericht, der im großen und ganzen das Ereignis seriös und wahrheitsgemäß wiedergibt.
Für etwas sehr euphorisch halte ich allerdings die Aussagen von Herrn Neubauer zum technischen Zustand der Strecke. Wenn er richtig zitiert ist, "weiß er nun, wie die Strecke funktioniert."
Ich weiß ja nicht, über welche eisenbahnfachlichen Qualifikationen Herr Neubauer verfügt, aber eine solche Aussage -unabhängig von der etwas unglücklichen Formulierung- ist doch allein schon deshalb etwas kühn, weil er die Strecke jetzt bei einer einzigen Testfahrt unter klimatisch recht günstigen Bedingungen erlebt hat.
Ich würde mir ein solches Urteil erst nach mindestens einem Betriebsjahr mit Frühjahr-, Sommer-, Herbst- und Winterkapriolen erlauben, denn jeder, der die hunsücker Strecken kennt, weiß, daß die 60 Kilometer von Langenlonsheim bis hinauf nach Büchenbeuren keine homogene Trasse sind, sondern ein heterogenes Abenteuer mit oft auch spontan wechselnden Betriebszuständen.
Ich denke da allein an das nur sehr spärlich freigeschnittene Lichtraumprofil und die Gefahren etwa aus Windbruch und witterungsbedingt fehlender Adhäsion. Sicherlich, die Nutzbarkeit einer Strecke zu gewährleisten ist Aufgabe der EIU, aber für die DB ist die Strecke ja befahrbar.
Und wenn etwa umgestürzte Bäume die Weiterfahrt verzögern muß ja das EVU dem Kunden Rede und Antwort stehen, nicht das EIU.
Jede Investition des EIU, die eine Erhöhung der Hg über die bisherigen 10/15 km/h hinaus zum Ziel hat, müßte verhandelt werden und wenn sich beim DB-Konzern nicht in den letzten Tagen eine generelle Änderung der Geschäftspolitik hinsichtlich Mittelgebirgsstrecken auf denen seit Jahren der Betrieb ruht, eingestellt hat, sehe ich hier das größte Problem.
Nun der Bericht in der Rhein-Zeitung Bad Kreuznach (Öffentlicher Anzeiger)
Streit um die Diesellok: Bürger fordern Lärmschutz
Als sich am Freitag die schwere Diesellok im Auftrag des Schweizer Unternehmens Widmar Tail Service (WRS) von Langenlonsheim aus über Stromberg auf der Hunsrückbahn-Strecke nach Büchenbeuren zur Erkundungsfahrt auf den Weg machte, wurde sie von einem Pulk von Hobbyfotografen und Eisenbahnfreunden begleitet. Am Samstagmittag bot sich dem Lokführer und seinen Begleitern andernorts, vor allem in Windesheim, ein anderes Bild.
Im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der „Interessengemeinschaft (IG) Hunsrückbahn – So nicht” im Weingut Gundlach, in unmittelbarer Nähe der Gleisanlage, nutzten die Mitglieder, aber auch viele Bürger aus Gemeinden, die unmittelbar an der Bahnstrecke liegen, die Gelegenheit, Flagge zu zeigen.
„Es ist sicher richtig, dass die Bahn einen Beitrag dazu leisten kann, den ständig zunehmenden Verkehr auf unseren Straßen zu entlasten“, so IG-Vorsitzender Wolfgang Kochanowsky. „Sollten aber in Kürze Güterzüge täglich in der Nacht über die Hunsrückbahn-Strecke fahren, ist es wichtig, dass für Lärmschutz, Sicherheit und Umweltschutz gesorgt wird. Oder die Züge sollten, so wie früher die Kalkzüge auch, nur am Tag fahren.
Mit unserer Anwesenheit soll die WRS erkennen, dass wir keinen Güterverkehr wollen und für ein Nachtfahrverbot kämpfen.”
Kochanowsky vertritt die Auffassung, dass die Priorität der rheinland-pfälzischen Landesregierung nicht unbedingt dem Personennahverkehr gelte. Zudem lasse der Hunsrückflughafen Hahn viele Fragen offen.
Auch sei der Bustransfer für Fluggäste schneller und mit 11 Euro nicht teuer.
Kaum hatte die Diesellok den ehemaligen Windesheimer Bahnhof passiert, zeigten Mitglieder der IG mehrere Transparente mit Aufschriften wie „Neuer Lärm auf (ur)alten Gleisen”, „Lokpfiff und Dieselruß nicht im Weindorf”, oder „Kein Klimaschutz mit Technik von 1890”. Allem voran aber wurde Lärmschutz gefordert. Die Lok hielt kurz an, ein Mann stieg aus und bot Gummibärchen an – ein Angebot, das aber nicht angenommen wurde. Mitten drin war auch der Guldentaler Winzer Linus Lorsbach.
Gegenüber dem Oeffentlichen Anzeiger sagte er: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass seit acht Jahren ein Planfeststellungsverfahren läuft und sich absolut nichts tut. Jetzt soll plötzlich Güterverkehr auf der Strecke rollen. Das kommt schon mehr als überraschend. Und das, wo Fragen zum Wasser- und Umweltschutz, über Gefahrguttransporte oder die Sicherheit an den vielen unbeschrankten Bahnübergängen – sieben allein in Guldental – noch völlig offen sind.”
Als vorrangig und dringend erforderlich erachtet der Windesheimer Ortsbürgermeister Volker Stern (Pro Windesheim) den Lärmschutz, ebenso wie die Verkehrsregelung, zumal sich im Ortskern, dicht nebeneinander, zwei beschrankte Bahnübergänge befinden.
Vor allem hier befürchtet nicht nur Stern, bedingt durch das hohe Verkehrsaufkommen in Richtung Autobahn, Verkehrsstaus ohne Ende.
Wie zu hören war, sei die Bahnstrecke weitgehend in Ordnung, lediglich „einige Kleinigkeiten” müssten bis zum Start des Güterverkehrs am Sonntag, 6. Dezember, noch erledigt werden. Ob die IG weitere Aktionen plant, hängt zunächst von der weiteren Vorgehensweise von WRS ab.
Auf die journalistischen Defizite (Widmar Tail Service etwa) dieser Hofberichterstattung für die Abonnenten der Rhein-Zeitung in Guldental möchte ich jetzt nicht näher eingehen. Aber dieser Bericht strotzt nur so vor mangelnder Sachkenntnis (etwa hinsichtlich der Bahnübergangssicherung, der Straßenverkehrsordnung oder der Rechtslage bei gewidmeten aktiven Bahnstrecken), er gibt auch Einblick in eine abenteuerliche Geisteswelt, etwa beim Windesheimer Bürgemeister Stern. Er spricht von "Verkehrsstaus ohne Ende". Bei geplanten drei Zügen wöchentlich???
Ich kenne Windesheim und auch die beiden beschriebenen BÜ's mit Vollschranken und auch noch die Situation, als einmal am Tag der Kalkzug nach Stromberg und zurück durch Windesheim fuhr, manchmal mit 10 Wagen. Da stauten sich selten mehr als 20 Autos über fünf Minuten.
Aber vielleicht hätte Herr Stern ja statt des einen Zuges lieber 20 Lkw mehr in der Ortslage Windesheim gehabt.